Freitag, 18. September 2015

Traditioneller Glaube, Religion und Spiritualität der Südsee – ein Überblick


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Das riesige Gebiet der Südsee wird in drei große Gebiete unterteil: Melanesien, Mikronesien und Polynesien. Dieselbe grobe Unterteilung findet sich auch in den verschiedenen (traditionellen) religiösen Vorstellungen wider. Allerdings ist die Differenzierung der einzelnen Religionen noch viel weiter gediehen. So ist es beinahe so, dass jede kleine Gruppe, jeder Stamm seine eigene Religion hat, die sich von den Nachbarstämmen unterscheidet. Dennoch gibt es viele Gemeinsamkeiten.

            Was in der Südsee auffällt, ist das Fehlen von schriftlichen Aufzeichnungen, von heiligen Büchern, wie wir sie aus den Hochreligionen Europas und Asiens kennen. Dementsprechend wurden Glaube, Kulte und Bräuche von Generation zu Generation ausschließlich mündlich weitergegeben.

 

Melanesien

            Hier finden sich vor allem vielfach den Glauben an Dämonen, Geister und besondere Orte, denen übernatürliche Kraft zugesprochen werden. Im Zentrum stehen Schöpfungsmythen und Verehrung von Naturkräften, hinter denen mächtige übernatürliche Gestalten gesehen werden. In jährlich stattfindenden Festen wir die Schöpfung der Welt und des Leben nachvollzogen – dabei soll allerdings nicht einfach einer Schöpfung in der Vergangenheit gedacht werden, sondern durch das Ritual selbst die Schöpfung erneuert werden. Nachdem die Seefahrt bei den Bewohnern der Südsee seit jeher eine herausragende Stellung einnahm, stellte die „Taufe“ eines Bootes stets ein großes Ereignis dar, welches auch große religiöse Bedeutung hatte, denn den Schutz vor Schäden durch Stürme und das Meer glaubte man besonders durch Besänftigung der „Geister“ bewirken.

            Wofür Melanesien seit jeher bekannt war, war die Tatsache, dass hier der Kannibalismus in religiöser Form von großer Bedeutung war. Dabei ging es darum durch das regelmäßige Opfern von Menschen für Harmonie in der Ordnung der Welt zu sorgen. Die Begründung dabei liegt in alten Legenden. Man stellte sich vor, dass ohne Menschenopfer die natürliche Ordnung der Dinge gestört würde und großes Unglück zu erwarten wäre, wenn man diese Opferungen unterlassen hätte. Kannibalische Riten wurden aber auch oft zu Anlässen wie Geburt, Tod, Heirat und dergleichen abgehalten. Meist überfiel man dabei einen Nachbarstamm, nahm gefangene und tötete sie dann rituell, um sie dann zu verspeisen. Glücklicherweise wurde der Kannibalismus durch den europäischen Einfluss seit dem 19. Jahrhundert immer weiter zurückgedrängt und durch Tieropfer ersetzt.

           

 

            Polynesien

            Melanesien beeinflusste auch in religiöser Hinsicht Polynesien. Auch die Polynesier opferten Menschen im Zuge ihrer religiösen Zeremonien, jedoch kam es hier nur selten zu Kannibalismus, sieht man einmal von den Maori auf Neuseeland ab. Allmählich scheint sich der Brauch des Menschenopfers, auch ohne den positiven Einfluss der Europäer, immer mehr verflüchtigt zu haben. 

            Was die religiöse Organisation der Polynesier betrifft, so ist es bemerkenswert, dass sie ein religiöses Zentralheiligtum auf der Insel Raiatea, auf den Gesellschaftsinseln, errichtet hatten. Dies ist umso erstaunlicher, wenn man berücksichtigt, dass Polynesien über Millionen von Quadratkilometern verteilt ist – und aus winzigen Eilanden in einer unendlichen Wasserwüste besteht. Zu wichtigen Festen, Expeditionen und dergleichen wurde die auf Raiatea errichtete Pyramide aufgesucht, um dort die entsprechenden religiösen Zeremonien abzuhalten.

            Die drei wichtigsten Götter der Polynesier waren Rongo, Tane und Tu. Tu war der Kriegsgott, Tane steht für die Sonne und damit für das männliche Fruchtbarkeitsprinzip. Daneben gab es aber darüber hinaus ein Pantheon mit vielen Tausend Göttern. Jeder Stamm, jede Insel hatte ihren eigenen Gott, auch viele Familien und Sippen verfügten über ihre eigenen Götter. Weiters wurde auch berühmte Helden und Häuptlinge verehrt, von denen oft Statue aus Holz oder Stein – so genannte „Tiki“ angefertigt wurden und teilweise größere Verehrung genossen, als die Götter.

            Der Begriff „Tabu“ ist einer der wenigen Worte, die aus dem Polynesischen kommen und auf der ganzen Welt Bekanntheit und weite Verbreitung genießen. Ein Tabu ist ein Verbot, das mehr oder weniger strickt eingehalten wird – ausschlaggebend ist die Autorität, die hinter dem Tabu steht. Allerdings ist ein Tabu nicht nur etwas, das einem Furcht einflößen soll, bestimmt Orte nicht zu betreten oder Dinge zu tun, sondern hat einen positiven Aspekt, der durch Ehrfurcht gekennzeichnet ist. So ist das Besteigen von Vulkanen auf den meisten Inseln ein Tabu – jedoch nicht primär aufgrund der Gefahr, sondern aufgrund von Ehrfurcht vor dem heiligen Ort. Neben dem Tabu gibt es den Begriff des „Mana“, das ebenfalls von großer Bedeutung ist. „Mana“ bedeutet etwa soviel wie „gesegnet“ zu sein, über besondere Kraft zu verfügen. Jemand, der sich besonders auszeichnet und sehr erfolgreich ist, hat „Mana“ und genießt deshalb ein hohes Ansehen. Ein Häuptling, der sich im Kampf auszeichnetet etwa hatte „Mana“ – es ist ähnlich wie das altgermanischen „Königsheil“ in der europäischen Kultur.

 

Die Religionen der Südsee hatten stark integrativen Charakter, wie dies beinahe immer und überall auf der Welt er Fall ist. Mit dem Zusammenbruch der traditionellen Religionsvorstellungen brachen auch die meisten Stammeskulturen zusammen. Erst durch das Christentum konnte der Zusammenhalt von Gesellschaft, Kultur und Staat wieder erreicht werden.

 

Euer Sokrates

 

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