Samstag, 5. September 2015

Das Schöne mitten im Chaos


Liebe Freunde, es ist so weit! Ich hatte Euch ja versprochen über meinen Urlaub zu schreiben, nachdem ich bereits einige Bemerkungen während der letzten sechs Wochen veröffentlicht hatte.
Wie bereits verlautbart, verbrachte ich die zweite Hälfte des Augusts im schönen Griechenland – ja, man hat richtig gehört, ich spreche hier tatsächlich vom „schönen“ Griechenland, denn wenn man sich die Medienberichte seit Monaten über diese südöstliche Ecke der EU anhört, dann möchte man meinen hier herrschte nur noch das bloße Chaos. Man soll nicht alles glauben war geschrieben wird, und jenseits von den Turbulenzen in der nationalen Politik, wirtschaftlichen Schwierigkeiten, einer desaströsen Finanzlage und dem überbordenden Flüchtlingsproblem, gibt es ein Griechenland, das seinen Glanz und seine Strahlkraft nie eingebüßt hat und, so Gott will, auch in Zukunft nicht einbüßen wird. Meiner Meinung nach bräuchte Griechenland eine Strategie, die von zweifacher Natur ist: Einerseits müsste das Land Reformen im Inneren durchführen (im Wesentlichen ohnehin jene Dinge, die von den meisten Experten seit langem gefordert werden) und andererseits müsste es zu einem Erlass der Schulden von außen kommen (solches hat etwa Anfang der 90er Jahre in Polen sehr gut funktioniert). Doch dies sei nur am Rande erwähnt. Genauer darauf eingehen möchte ich hier an dieser Stelle nicht.

Sieht man sich den gewöhnlichen Griechen an, so ist man immer wieder erstaunt wie gelassen er die Situation seines Landes und oft auch seine persönliche mit stoischer Ruhe ertragen kann – ja, wie er der Situation sogar Gutes abgewinnen kann. Wo sieht man solches in Westeuropa? Dort werden bereits kleine Störungen im sozialen Gefüge, eine leichte Einbuße im persönlichen Leben als etwas Gravierendes und Unglücklichmachendes empfunden. Es scheint, dass die meisten Europäer, vor allem in den reicheren Staaten, narzisstisch-verweichlicht sind. Zart wie Mimosen sind sie nicht mehr in der Lage die geringste Kränkung zu ertragen. In Wirklichkeit kommt dies alles daher, dass die Menschen zu verwöhnt sind, dass man ihnen über viele Jahrzehnte eingeredet hat, sie wären berechtigt zu fordern, doch hat man dabei gleichzeitig vergessen ihnen auch ihre Pflichten vor Augen zu halten. So sind wir bald in einer „Kindergesellschaft“, in der jeder nur fordert, in der sich jeder als Opfer sieht und keiner mehr bereit ist auch aktiv zu werden und etwas zu tun, etwas zu leisten. In Griechenland ist es noch nicht so weit – die Menschen sind sich bewusst, dass das Leben schwer ist und sie verzagen deshalb nicht. Hier sind die Menschen weitaus besser in der Lage Härten zu ertragen und trotzdem noch gute eine Miene zu haben (eine echte, nicht eine aufgesetzte!). Davon könnten wir alle lernen.

 

Ich kann es nicht lassen, von dieser persönlichen Erfahrung aus philosophisch zu werden und den Rahmen etwas auszudehnen. Ihr, meine treuen Leser, wisst um diesen Umstand ohnehin Bescheid und ich möchte mir selbst nicht untreu werden und mit dieser guten Tradition auch hier fortfahren.

Wir leben ganz allgemein in einer Welt des Chaos, einer Welt, die auf sich alleine gestellt stets in Unordnung fällt und dem Verfall preisgegeben ist. Das ist keine Überraschung, denn alles strebt nach den Gesetzen der Natur (der zweite Hauptsatz der Thermodynamik lässt grüßen!) der Unordnung und der Degeneration zu – alles, wirklich alles ohne Ausnahme! Die Natur, auf sich alleine gestellt, bringt überhaupt nichts hervor, weder irgendeine Art von Organisation und schon gar keine Entwicklung von Leben oder gar kreative Schöpfungen. Ist uns dies einmal klar geworden, dann brauchen wir dagegen nicht mehr weiter ankämpfen und uns zu wünschen, dass alles besser wäre oder gar uns in naturfreundlichen Phantasien zu berauschen. Auf dieser Welt, in diesem Universum ist etwas Solches nicht möglich.

Sind wir nun deshalb alles verloren? Mitnichten! Es gibt in uns Menschen einen göttliches Funken, etwas, das nicht aus diesem Universum kommt, etwas, dass sich aus der Natur heraus nicht erklären lässt. Aber genau das ist der beste Teil von uns, denn nur durch ihn sind wir in der Lage Bewusstseins zu entwickeln, frei zu entscheiden und Schöpfungen hervorzubringen, wie sie nur durch Intelligenz aber nicht durch die Natur, die an sich über keinerlei Intelligenz verfügt, entstehen kann.

Es stellt sich nun die Frage, wie der Mensch auf diese Dinge reagieren soll, welche Schlüsse er daraus zu ziehen in der Lage ist. Einerseits kann er diese Fakten natürlich ignorieren, glauben der Verfall sei nur scheinbar und im Grunde kein Gesetz der Natur. Auf der anderen Seite könnte er eine große Hoffnung auf den Menschen und vor allem auf die Wissenschaft und Technik setzen, die ihn in Zukunft einmal „retten“ sollen. Doch vergessen wir nicht, dass ein solches Streben, das Suchen des Heils in etwas, das der Mensch sich selbst erschaffen hat, nichts anderes als Entfremdung bzw. Götzendienst ist (die beiden Dinge sind genau dasselbe, lediglich der Begriff „Entfremdung“ klingt moderner und spricht deshalb eher etwas in den meisten Leuten an). Man könnte sich auch passiv der Lage ergeben und fatalistisch den Dingen ihren Lauf lassen und mit trübsalblasender Miene hinnehmen, was scheinbar nicht zu ändern ist. Beide Extreme, die Über- als auch die Unterschätzung der menschlichen Fähigkeiten, hilft uns nicht weiter und verursacht nur erneutes Leid.

Wichtig ist meines Erachtens nach zu erkennen, dass es für den Menschen kein Heil in dieser Welt gibt. Sämtliche Versuche das „gute Leben“ oder wenn man etwas pathetischer sein möchte, die „Rettung“ ist niemals in diesem Universum bzw. in der Welt zu finden. Wir müssen unbedingt, sowohl als Individuen, als auch als Gesellschaft, eine Grundlage finden, die jenseits des einengenden und inzwischen auch widerlegten rationalistisch-materialistischen Weltbildes finden. Zu glauben wirklich sei nur, was wir mit unseren Sinnen feststellen könnten, ist eine kindliche Sicht, ja mehr noch wir gleichen damit etwa Hunden, die vermeinen, dass das, was nicht mit dem Geruchssinn wahrgenommen werden könne, nicht existieren. Wir müssen uns Gedanken darüber machen, wie wir mit jenen Dinge umgehen, die über das Fassungsvermögen unseres Verstandes und unserer Sinne hinausgehen. Wollen wir solche Dinge ignorieren? Wollen wir sie als nicht existent erklären? Oder wollen wir so tun, als ob diese Dinge für uns keinerlei Relevanz hätten (obwohl sie existieren oder möglicherweise existieren könnten)? Die Antwort darauf kann letztlich nur jeder selbst geben, doch muss uns klar sein, dass diese Antwort nicht willkürlich sein kann und dass es nicht egal ist wie wir sie geben. Die Konsequenzen daraus sind stets völlig unterschiedlich. Was heute Not tut ist vor allem ein Gespür dafür zu entwickeln, was wirklich wichtig ist, was am Ende zählt, wenn alle irdischen Dinge ein Ende gefunden haben und wenn wir erkannt haben, wie vergänglich und unverlässlich sie sind. Aber das ist eine andere Gesichte über die ich zu gegebener Zeit einmal schreiben werde.

 

 

Euer L. Q. Cincinnatus

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