Liebe Freunde, es ist so weit! Ich hatte Euch ja
versprochen über meinen Urlaub zu schreiben, nachdem ich bereits einige
Bemerkungen während der letzten sechs Wochen veröffentlicht hatte.
Wie bereits verlautbart, verbrachte ich die zweite Hälfte
des Augusts im schönen Griechenland – ja, man hat richtig gehört, ich spreche
hier tatsächlich vom „schönen“ Griechenland, denn wenn man sich die Medienberichte
seit Monaten über diese südöstliche Ecke der EU anhört, dann möchte man meinen
hier herrschte nur noch das bloße Chaos. Man soll nicht alles glauben war
geschrieben wird, und jenseits von den Turbulenzen in der nationalen Politik,
wirtschaftlichen Schwierigkeiten, einer desaströsen Finanzlage und dem
überbordenden Flüchtlingsproblem, gibt es ein Griechenland, das seinen Glanz
und seine Strahlkraft nie eingebüßt hat und, so Gott will, auch in Zukunft
nicht einbüßen wird. Meiner Meinung nach bräuchte Griechenland eine Strategie,
die von zweifacher Natur ist: Einerseits müsste das Land Reformen im Inneren
durchführen (im Wesentlichen ohnehin jene Dinge, die von den meisten Experten
seit langem gefordert werden) und andererseits müsste es zu einem Erlass der
Schulden von außen kommen (solches hat etwa Anfang der 90er Jahre in Polen sehr
gut funktioniert). Doch dies sei nur am Rande erwähnt. Genauer darauf eingehen
möchte ich hier an dieser Stelle nicht.
Sieht man sich den gewöhnlichen Griechen an, so ist man
immer wieder erstaunt wie gelassen er die Situation seines Landes und oft auch seine
persönliche mit stoischer Ruhe ertragen kann – ja, wie er der Situation sogar
Gutes abgewinnen kann. Wo sieht man solches in Westeuropa? Dort werden bereits
kleine Störungen im sozialen Gefüge, eine leichte Einbuße im persönlichen Leben
als etwas Gravierendes und Unglücklichmachendes empfunden. Es scheint, dass die
meisten Europäer, vor allem in den reicheren Staaten,
narzisstisch-verweichlicht sind. Zart wie Mimosen sind sie nicht mehr in der
Lage die geringste Kränkung zu ertragen. In Wirklichkeit kommt dies alles
daher, dass die Menschen zu verwöhnt sind, dass man ihnen über viele Jahrzehnte
eingeredet hat, sie wären berechtigt zu fordern, doch hat man dabei
gleichzeitig vergessen ihnen auch ihre Pflichten vor Augen zu halten. So sind
wir bald in einer „Kindergesellschaft“, in der jeder nur fordert, in der sich
jeder als Opfer sieht und keiner mehr bereit ist auch aktiv zu werden und etwas
zu tun, etwas zu leisten. In Griechenland ist es noch nicht so weit – die
Menschen sind sich bewusst, dass das Leben schwer ist und sie verzagen deshalb
nicht. Hier sind die Menschen weitaus besser in der Lage Härten zu ertragen und
trotzdem noch gute eine Miene zu haben (eine echte, nicht eine aufgesetzte!).
Davon könnten wir alle lernen.
Ich kann es nicht lassen, von dieser persönlichen Erfahrung
aus philosophisch zu werden und den Rahmen etwas auszudehnen. Ihr, meine treuen
Leser, wisst um diesen Umstand ohnehin Bescheid und ich möchte mir selbst nicht
untreu werden und mit dieser guten Tradition auch hier fortfahren.
Wir leben ganz allgemein in einer Welt des Chaos, einer
Welt, die auf sich alleine gestellt stets in Unordnung fällt und dem Verfall
preisgegeben ist. Das ist keine Überraschung, denn alles strebt nach den
Gesetzen der Natur (der zweite Hauptsatz der Thermodynamik lässt grüßen!) der
Unordnung und der Degeneration zu – alles, wirklich alles ohne Ausnahme! Die
Natur, auf sich alleine gestellt, bringt überhaupt nichts hervor, weder
irgendeine Art von Organisation und schon gar keine Entwicklung von Leben oder
gar kreative Schöpfungen. Ist uns dies einmal klar geworden, dann brauchen wir
dagegen nicht mehr weiter ankämpfen und uns zu wünschen, dass alles besser wäre
oder gar uns in naturfreundlichen Phantasien zu berauschen. Auf dieser Welt, in
diesem Universum ist etwas Solches nicht möglich.
Sind wir nun deshalb alles verloren? Mitnichten! Es gibt in
uns Menschen einen göttliches Funken, etwas, das nicht aus diesem Universum
kommt, etwas, dass sich aus der Natur heraus nicht erklären lässt. Aber genau das
ist der beste Teil von uns, denn nur durch ihn sind wir in der Lage
Bewusstseins zu entwickeln, frei zu entscheiden und Schöpfungen
hervorzubringen, wie sie nur durch Intelligenz aber nicht durch die Natur, die
an sich über keinerlei Intelligenz verfügt, entstehen kann.
Es stellt sich nun die Frage, wie der Mensch auf diese
Dinge reagieren soll, welche Schlüsse er daraus zu ziehen in der Lage ist.
Einerseits kann er diese Fakten natürlich ignorieren, glauben der Verfall sei
nur scheinbar und im Grunde kein Gesetz der Natur. Auf der anderen Seite könnte
er eine große Hoffnung auf den Menschen und vor allem auf die Wissenschaft und
Technik setzen, die ihn in Zukunft einmal „retten“ sollen. Doch vergessen wir
nicht, dass ein solches Streben, das Suchen des Heils in etwas, das der Mensch
sich selbst erschaffen hat, nichts anderes als Entfremdung bzw. Götzendienst
ist (die beiden Dinge sind genau dasselbe, lediglich der Begriff „Entfremdung“
klingt moderner und spricht deshalb eher etwas in den meisten Leuten an). Man
könnte sich auch passiv der Lage ergeben und fatalistisch den Dingen ihren Lauf
lassen und mit trübsalblasender Miene hinnehmen, was scheinbar nicht zu ändern
ist. Beide Extreme, die Über- als auch die Unterschätzung der menschlichen
Fähigkeiten, hilft uns nicht weiter und verursacht nur erneutes Leid.
Wichtig ist meines Erachtens nach zu erkennen, dass es für
den Menschen kein Heil in dieser Welt gibt. Sämtliche Versuche das „gute Leben“
oder wenn man etwas pathetischer sein möchte, die „Rettung“ ist niemals in
diesem Universum bzw. in der Welt zu finden. Wir müssen unbedingt, sowohl als
Individuen, als auch als Gesellschaft, eine Grundlage finden, die jenseits des
einengenden und inzwischen auch widerlegten rationalistisch-materialistischen
Weltbildes finden. Zu glauben wirklich sei nur, was wir mit unseren Sinnen
feststellen könnten, ist eine kindliche Sicht, ja mehr noch wir gleichen damit
etwa Hunden, die vermeinen, dass das, was nicht mit dem Geruchssinn
wahrgenommen werden könne, nicht existieren. Wir müssen uns Gedanken darüber
machen, wie wir mit jenen Dinge umgehen, die über das Fassungsvermögen unseres
Verstandes und unserer Sinne hinausgehen. Wollen wir solche Dinge ignorieren?
Wollen wir sie als nicht existent erklären? Oder wollen wir so tun, als ob
diese Dinge für uns keinerlei Relevanz hätten (obwohl sie existieren oder
möglicherweise existieren könnten)? Die Antwort darauf kann letztlich nur jeder
selbst geben, doch muss uns klar sein, dass diese Antwort nicht willkürlich
sein kann und dass es nicht egal ist wie wir sie geben. Die Konsequenzen daraus
sind stets völlig unterschiedlich. Was heute Not tut ist vor allem ein Gespür
dafür zu entwickeln, was wirklich wichtig ist, was am Ende zählt, wenn alle irdischen
Dinge ein Ende gefunden haben und wenn wir erkannt haben, wie vergänglich und
unverlässlich sie sind. Aber das ist eine andere Gesichte über die ich zu
gegebener Zeit einmal schreiben werde.
Euer L. Q. Cincinnatus
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