Donnerstag, 24. September 2015

James Cook - Gigant der Pazifikforschung


aEr gehört zu den größten Forschungsreisenden aller Zeiten, unzählige Orte und geographische Bezeichnungen tragen seinen Namen, Millionen von Quadratkilometern unbekannter Erdoberfläche wurde durch ihn der Menschheit erschlossen. Seine umsichtige Menschlichkeit macht ihn beliebt und respektiert bei seinen Männern, seine Disziplin und sein Durchhaltevermögen bereicherten die Wissenschaften über alle Maßen. Und nicht zuletzt verdankt sein Vaterland, das „British Empire“ ihm einen gewaltigen Macht- und Erkenntniszuwachs: Kapitän James Cook.

 

Geboren wurde James Cook am 27. Oktober 1728 in Marton-in-Cleveland in der nordenglischen Grafschaft York. Er stammte aus einfachen Verhältnissen, der Vater war Landarbeiter, zeichnete sich jedoch schon in jungen Jahren durch seinen Ehrgeiz, seine rasche Auffassungsgabe und sein unglaubliches Vermögen sich selbst Dinge beizubringen, aus. Vorerst ging er in eine Krämerlehre, in der es ihn jedoch nicht lange hielt – gerade einmal eineinhalb Jahre. Dann sehen wir ihn in den Diensten von John Walker, eines Quäkers aus Whitby an der englischen Nordseeküste. Dort lernte Cook das Seemannshandwerk auf Kohleschiffen, die hauptsächlich nordenglische Kohle aus Newcastle nach London beförderten. Das Wohnhaus der Walkers, in dem Cook auch in die Lehre ging, ist heute das örtliche Cook Museum. Von den „Abstinenzlern“, den disziplinierten und arbeitsamen Quäkern, hat Cook eine Menge gelernt und diese Tugenden auch selbst mehr als verinnerlicht. Gerade auch seine Humanität, die er später gegenüber seinen Männern und den Eingeborenen der Südsee zeigt, ist stark durch das quäkerische Christentum beeinflusst. Seine Charakterstärke speist sich einerseits aus seinem Naturell, andererseits aber auch aus den lehrreichen frühen Jahren, zuerst auf Kohleschiffen, später in der Navy.

 

Als er 1755 der Royal Navy beitrat, vermaß er an Bord der Pembroke Neufundland und das St.-Lorenz-Gebiets. Cook, der sein Wissen größtenteils als Autodidakt erworben hatte, zeichnete sich durch unglaubliche Genauigkeit und Beobachtungsgabe bei der Erstellung von Karten aus, so dass etwa seine Neufundlandkarte noch bis in 20. Jahrhundert hinein in Verwendung war (moderne Abgleiche mit Satellitenaufnahmen zeigen eine schier unglaubliche Übereinstimmung – wie sie von keinem anderen „Handzeichner“ erreicht wurde). Die Royal Navy wurde auf Cook aufmerksam und stattete ihn mit immer neuen Aufgaben aus. 1767 kartographierte er Labrador – ein weiteres kartographisches Meisterstück. Im 7-jährigen Krieg (1756-63) hatte Cook vor allem als Vermesser gedient und damit seinem Land große Dienste erwiesen. Obwohl Cook zu diesem Zeitpunkt noch völlig unbekannt war, war er sehr ambitioniert und kannte sich immer besser in sozialen Hierarchien aus. Er war klug genug seine Ambitionen nicht zu sehr herauszustreichen, um andere zu verunsichern auf der anderen Seite jedoch machte er klar, was er wollte und machte vor allem auf sich aufmerksam. Dieses Bemühen sollte bald Früchte tragen.

 

Dann, 1768, schlug Cooks große Stunde. Er wurde beauftragt eine Expedition in die Südsee zu leiten. Der offizielle Auftrag bestand darin auf dem 1767 von Samuel Wallis entdeckten Tahiti einen Venusdurchgang zu beobachten und zu vermessen. Daneben jedoch bestand der eigentliche, allerdings geheim gehaltene, Auftrag darin nach dem geheimnisvollen Südkontinent zu suchen, der seit Jeher auf der Südhalbkugel vermutete wurde (bereits die alten Griechen glaubten einen solchen müsse es geben, da das Gleichgewicht auf der Erde aufrecht erhalten werden musste und sich auf der Nordhalbkugel weitaus größere Landmassen befinden). Cook stach mit einem umgebauten Kohlesegler (der von ihm selbst bevorzugte Schiffstyp), der Endeavour 1768 in See. Auf dieser ersten großen Fahrt von Captain Cook wurde die Ostküste Australiens am 18. April 1770 entdeckt, sowie bewiesen, dass es sich bei Neuseeland um zwei große Inseln handelte, die durch eine Meerenge, der „Cook-Straße“ getrennt sind (Abel Tasman hatte bereits 1642 Neuseeland entdeckt, jedoch nicht seinen Inselcharakter erkannt). Auf dieser Reise bewies Cook auch, dass es den sagenhaften Südkontinent nicht gab, jedenfalls nicht in geographischen Breiten, die für eine Besiedelung in Frage kamen. Dabei stützte sich Cook vor allem auch auf Berichte von eingeborenen Polynesiern, die selbst den Pazifik wie ihre Westentasche kannten und versicherten, dass es im Süden kein solcher Kontinent existiere (die Polynesiern selbst hatten Jahrhunderte vor Cook bereits die Antarktis entdeckt). Darin unterschied sich Cook von seinen europäischen Kollegen, indem der den Eingeborenen großen Respekt entgegen brachte und sie nicht als Menschen zweiter Klasse ansah. Auch war er bereit sich ihr Wissen zueigen zu machen. Sein christlicher Einfluss in der Kindheit und Jugend trug wesentlich zu dieser Haltung bei.

Cook hatte auf seiner ersten Reise im Pazifik nicht einen einzigen Mann verloren – eine Sensation zur damaligen Zeit, als Todesfälle in der Seefahrt regelmäßig vorkamen. Kapitän Cook war bekannt geworden für seine Praxis den Seemännern Sauerkraut zu ihrer Nahrungsration hinzuzufügen, um sie vor Skorbut zu schützen (freilich wusste damals noch niemals etwas vom Vitamin C und seiner Wirkung). Die Männer hassten diese Mahlzeit, doch Cook ging zusammen mit seinen Offizieren mit gutem Beispiel voran und aß selbst davon, so dass sich diese Praxis durchsetzten konnte – mit Erfolg, wie man feststellte. Auf der Rückfahrt von Batavia (das heutige Jakarta, das damals holländisch war) jedoch starb ein Großteil der Mannschaft, so dass die Endeavour, als sie in England 1771 amkam, kaum genügend Männer hatte, um noch manövrierfähig zu sein. Dies war jedoch nicht Cooks Schuld, sondern auf das „schlechte“ Wasser (das wohl mit Keimen verseucht war), das sie in Batavia an Bord genommen hatten, zurückzuführen war.

Auf dieser ersten Reise begleitete Cook auch  ein reicher Privatier und Naturforscher, Josef Banks, der mit seinem Assistenten, Solander, für viele naturwissenschaftliche Erkenntnisse und „Mitbringsel“ aus der Südsee sorgte, die noch heute für Wissenschaftler von Bedeutung sind. Damit erhielt die Expedition über den Rahmen des rein Maritimen hinaus eine wissenschaftliche Bedeutung.

 

Die zweite Forschungsreise, die von 1772-74 unternommen wurde (mit zwei Schiffen, der Adventure und der Resolution), brachte die endgültige Gewissheit, dass im Südpazifik keine große Landmasse zu finden war. Es bestand nämlich bis dahin immer noch die Möglichkeit, dass es den Kontinent zwar gab, aber zu weit südlich um besiedelt zu werden – die Nichtexistenz eines besiedlungsfähigen Kontinents in diesen Breiten hatte bereits die erste Expedition Cooks gezeigt. Diese zweite Reise kam im Pazifik nie über den Äquator hinaus und blieb stets südlich davon. Mit 71° 44’ wurde die größte südliche Breite erreicht, die bis dahin jemals ein Schiff erreicht hatte (Packeis zwang Cook dazu wieder nach Noren abzudrehen). Auf dieser Reise wurde Cook von den Naturforschern Johann Reinhold Forster und seinem Sohn, Georg Forster, begleitet. Georg Forster gilt als Gründer der modernen Völkerkunde und brachte eine riesige Sammlung an botanischen und ethnologischen Stücken nach Europa mit, die noch heute bemerkenswert sind.

 

Die Admiralität war in großer Sorge über die Ereignisse in Nordamerika, wo die 13 Kolonien dabei waren ihre Unabhängigkeit zu erkämpfen (Amerikanischer Unabhängigkeitskrieg von 1776-83). Britannien suchte eine Ausdehnung seiner Macht auf den Weltmeeren und neue günstige Handelswege nach Asien. Der Gewürzhandel wurde noch immer von den Portugiesen und Holländern beherrscht und der Weg an Nordarmerika in der Nähe der Arktis vorbei nach Ostasien hätte den Weg von England nach China, Japan und die Gewürzinseln um etwa die Hälfte verkürzt. Keine Frage, dass die Suche nach dieser Passage absolute Priorität gewann. Die Suche selbst war schon jahrhundertealt und hatte bisher meist vom Atlantik her begonnen – jedoch stets erfolglos. Nun sollte vom Pazifik aus versucht werden direkt in den Nordatlantik und nach Europa zu gelangen.

Pläne wurden geschmiedet und Cook erneute mit einer neuen Mission vertraut gemacht. Augrund seiner Verdienste geschah etwas Außergewöhnliches: 1776 wurde Cook Mitglied der Royal Society – ein große Ehre und völlige Ausnahme für einen Mann aus einfachen Verhältnissen, in einer Gesellschaft, die sehr stark hierarchisch gegliedert war und vom Adel dominiert wurde. Allerdings stand Cook nun unter enormem Druck: es sollte einen neue Expedition in den Pazifik unternehmen – die Vorbereitungen dafür nahmen all seine Zeit in Anspruch und strapazierten auch seine Gesundheit. Bald jedoch war es so weit, auch wenn es einige Unterschiede zu den früheren Reisen gab – so überprüfte Cook nun nicht mehr persönlich Mannschaft und Ausrüstung – ein Fehler, der ihm später noch sehr zur Last fallen sollte.

 

Die dritte Reise, die von 1776-1779 unternommen wurde und von der Cook nicht mehr zurückkehren sollte, brachte wichtige Erkenntnisse im Nordpazifik. Einerseits wurden die Sandwich-Inseln (heute Hawaii-Inseln) entdeckt und bewiesen, dass die Nordwestpassage nicht existierte, bzw. von keinem Schiff der damaligen Zeit bezwungen werden kann (auch heute noch sind dazu kaum irgendwelche Schiffe – außer Spezialschiffe – in der Lage). Cook scheiterte am undurchdringlichen Eis der Arktis auf über 70° Nord und musste bald darauf auf Hawaii überwintern. Dabei wurde er überaus freundlich von den Eingeborenen empfangen und mit Geschenken überhäuft. Überaus viele Vorräte wurden an Bord genommen und bald darauf ging es erneut in Richtung Norden. Doch bereits nach wenigen Tagen gerieten die Schiffe in einen Sturm und die Resolution verlor einen Masten. Eine Umkehr war unumgänglich. Doch als sich Cook nun den Hawaii-Inseln näherte, schlug ihm Feindseligkeit entgegen. Die Eingeborenen hatten ihre Schätze den Seeleuten bereits übergeben und waren nun erzürnt über deren Rückkehr.

 

Dann, am 14. Februar 1779 ereignete sich die Katastrophe. Eingeborene hatten ein Boot gestohlen. Cook, erzürnt über diese Tag, ging mit bewaffneten Männern an Land stürmte ein Dorf auf „heiligem Boden“ und nahm den Häuptling als Geisel, bis das gestohlene Boot herausgegeben wurde. Dies war ein völlig normaler Vorgang und wurde oft angewandt, um in solchen Fällen sein Eigentum zurückzuerhalten. Doch dieses Mal gab es Komplikationen, die unerwartet waren – von allen Seiten. Cook lässt die Bucht durch seine beiden Schiffe blockieren. Als Eingeborenenkanus versuchen die Blockade zu durchbrechen, gab William Bligh, der während Cooks Abwesenheit die Resolution befehligte (Cook war noch an Land), den Befehl die Kanonen abzufeuern. Einige Hawaiianer starben. Daraufhin kam es auch an Land zum Tumult, der sich bald zu einem Kampf ausweitete, in dessen Zuge James Cook von den Inselbewohnern ermordet wurde.

Die Schiffe kehrten ohne Cook, dessen Leichnam dem Pazifik übergeben wurde, in ihre Heimat England zurück.

 

 

Was Cook auszeichnete

 

Zielstrebigkeit, das Gefühl eine Mission erfüllen zu müssen (Pflichtgefühl), Disziplin, Führungsstärke und Durchhaltevermögen waren die wesentlichen Charaktereigenschaften, die Kapitän James Cook auszeichneten. Die dritte Reise, die von besonders großen Schwierigkeiten begleitet wurde – Wetter, Probleme mit Eingeborenen, zweifelhafte Mannschaft etc. – forderte alles von Cook und es ist deshalb verständlich, dass es zu dem einen oder anderen „Ausraster“ kam. Nichtsdestotrotz darf man nicht auf die bösen Zungen hören, die ihm Führungsschwäche oder gar Kontrollverlust unterstellen wollen (ein moderner Versuch Helden der Geschichte zu diskreditieren).

 

Die Inbesitznahme Australiens war für das Britische Empire von enormer Bedeutung. Schon bald nach Cooks Reisen, im Jahr 1788, begann die Besiedelung des Kontinents durch Errichtung einer Sträflingskolonie im heutigen Sydney. Die Bedeutung Australien für Britannien darf nicht unterschätzt werden und die Verbindungen, die zwischen den beiden noch heute (im Rahmen des Common-Wealth) bestehen, haben immer noch große Bedeutung. Ohne James Cook wäre es nie dazu gekommen.

 

Cook ist der größte Ozeanograph aller Zeiten und auf diesem Gebiet ein herausragendes Genie seiner Zeit, dessen Leistungen bis in die jüngere Vergangenheit hinein bahnbrechend waren. Auch was die Ethnologie betrifft bestach Cook durch außergewöhnliche Erkenntnisse und vor allem durch seine Offenheit. So erkannte er zu seinem eigenen Erstaunen die große Ähnlichkeit vieler Polynesier mit den Europäern (Hautfarbe, Körpergestalt und anderes). Gerade die Sprachverwandtschaft mit dem „alten Kontinent“ mit den Tahitianern verblüffte ihn (dies gibt uns übrigens bis heute Rätsel auf). Cook machte sich auch viele Gedanken über den Einfluss, den die Europäer auf die Südseeinsulaner haben würden und wie dadurch ihr Leben verändert werden würde. Eine ganz bemerkenswerte Einsicht für einen Mann des 18. Jahrhunderts!

 

Uns allen soll das Beispiel James Cooks zeigen, dass es vor allem die charakterlichen Eigenschaften sind, die zum Erfolg im Leben führen und nicht irgendwelchen glücklichen Umstände. Cook ist ein „Self-made-man“ ganz besonderer Art. Gerade in einem Zeitalter, in dem Technik verehrt wird, ist es wichtig sich auf die menschlichen Grundqualitäten zu besinnen, die die wahre Ursache für herausragende Leistungen sind. Seine Integrität, seine Humanität, seine außergewöhnlichen Führungsqualitäten, die sich besonders in Krisenzeiten zeigten, machen ihn zu einem der ganz großen Führungspersönlichkeiten aller Zeiten.

 

James Cook gehört ohne jeden Zweifel zu den herausragendsten Persönlichkeiten der Menschheitsgeschichte, dem wir alle unglaublich viel zu verdanken habe. Es ist kaum vorstellbar, wie die Welt heute aussähe, wenn er nicht gelebt hätte. Ein ewiger Platz im Pantheon der Große der Geschichte ist ihm sicher.

 

           

Euer Sokrates

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