Mittwoch, 28. November 2012

Gesunde und nicht gesunde Motivation

Das menschliche Verhalten ist größtenteils dadurch motiviert, dass es etwas zu erlangen gilt, was positiv ist, beziehungsweise durch das Abwenden von etwas, das als unerwünscht aufgefasst wird. Es ist also kein Fehler zu behaupten, dass der Mensch durch Motivationen zum Handeln gebracht wird. Manche gehen sogar so weit zu behaupten, dass es überhaupt kein Handeln ohne Motivation gäbe. Diese Ansicht schießt jedoch über das Ziel hinaus, denn es lässt sich beim Menschen durchaus auch ein Verhalten beobachten, das ausschließlich expressiv und nicht motiviert ist. Solches ist jedoch sehr selten zu sehen und nur bei Menschen, die in einem sehr hohen Seinszustand leben, wie die Selbstverwirklichenden Menschen (siehe Maslow), teilweise ist es aber auch Dichter und Künstler bei ihrer Tätigkeit beobachtbar. Für den Durchschnittsmenschen ist expressives Verhalten beinahe ein Mythos.

Der Mensch hat mit dem Tier einige Bedürfnisse gemeinsam, insbesondere jene, die der Erhaltung des Lebens, sei es als Individuum und als gesamte Art, dienen. Trotzdem ist dies alleine für den Menschen nicht befriedigend, denn es sind die spezifisch menschlichen Bedürfnisse nach Bezogenheit, Transzendenz und Identität, die für die seelische Gesundheit unabdingbar sind. Gerade durch die Liebe und Hingabe an eine Sache spürt der Mensch einen Energieschub, sich einer Quelle der Freude nahe, wie er durch das bloße Befriedigen von grundlegenden Bedürfnissen nie zu erreichen wäre. Entsprechend ist der Mensch gerade durch die Leidenschaft gekennzeichnet. Nun ist es aber so, dass diese starke Entfesselung von Energie einerseits gesund, andererseits pathologisch sein kann. Es ist kein Wunder, dass Menschen der Leidenschaft stets mit einer gewissen Skepsis gegenüber standen, artet sie doch nur allzu oft in Destruktivität aus. Es wäre aber völlig falsch, der Leidenschaft selbst die Schuld daran zu geben, denn es ist nicht die Leidenschaft an sich, die zerstört, sondern ihr Missbrauch.

 
Pathologische Leidenschaft
Als erstes wäre hier die Gier zu nennen und zwar nicht jene Gier, die gestillt wird, indem ein Bedürfnis befriedigt wird, wie etwas das Verlangen nach Nahrung bei einem Hungernden. Einmal ist der Magen voll und auch der größte Schlemmer kann seinen Magen nicht mehr weiter füllen. Die pathologische Gier ist jedoch eine nach immer mehr Ressourcen, da der Glaube vorherrscht, nicht genug zu haben, an Mangel zu leiden. Diese Gier ist nicht stillbar. Am deutlichsten sieht man das an der Gier nach Geld und Reichtum, davon kann man potenziell nie genug bekommen. Der wahre Mangel liegt aber im Charakter des Menschen und nicht im realen Mangel an einer Sache. Der gierige, narzisstische Mensch liebt sich selbst nicht, weshalb er die Leere und Lieblosigkeit mit Dinge (vor allem Geld, Macht etc.) zu füllen versucht (was natürlich niemals gelingen kann).

Pathologisch ist auch der Wunsch alles kontrollieren zu können, quasi Gott gleich zu sein, um nicht die Unsicherheit spüren zu müssen, die mit der Erkenntnis der Machtlosigkeit verbunden ist. Es ist eine kindliche Unreife, die dem Menschen vormacht, er sei mächtig, ja sogar allmächtig. In Wirklichkeit ist der Mensch ja gerade durch Machtlosigkeit gekennzeichnet, niemand hat so etwas wie Macht, weder das Individuum und auch die ganze Menschheit nicht. In Anbetracht des riesigen Universums, hat niemand Macht. Aber gerade dies ist so schwer zu begreifen. Die Wissenschaft kann hier nur bedingt helfen, Illusionen, Religionen, Kulte und gesellschaftliche Zusammenschlüsse, sollten dem Menschen seit jeher über seine Machtlosigkeit hinweg helfen. Freilich muss man dazu in eine Illusion verfallen, mit offenen Augen ist dies nicht möglich. Typisches Beispiel dafür ist die Anbetung von Götzen. Götzen entmenschlichen den Menschen und lassen ihn seine eigene Lebensenergie auf etwas außerhalb von ihnen selbst projizieren.


Gesunder Leidenschaft
Der Mensch ist durch die Vernunft gekennzeichnet, das heißt er ist vernunftbegabt. Das heißt keineswegs, dass er vernünftig handelt und in einem Großteil der Fäll tut er eben dies gerade nicht. Vernunft ist nicht der Verstand, der Intellekt. Der Intellekt ist meist einfach nur ein Rationalsierungsinstrument. Es dienst dazu etwas, das man möchte, rational aussehen zu lassen, ohne, dass es so ist. Eine Sache ist nicht deshalb wahr, weil man sie erklären kann. Erklärbarkeit und Wahrheit hängen nicht notwendigerweise zusammen! Hier liegt auch der Unterschied zwischen Klugheit und Schläue. Der Schlaue hat einen Verstand, der gut funktioniert und ihn gewandt sein lässt im Umgang mit seinen Mitmenschen. Der Kluge jedoch besitzt Weisheit, er hat eine tiefe Einsicht in die wahre Natur der Dinge gefunden. Schlau sein kann auch ein Tier, klug hingegen kann nur der Mensch sein. Schläue dient der Manipulation, Klugheit der Wahrheit. Die Wahrheit berührt den Menschen direkt, da sie etwas Natürliches, ist, das kann die Lüge niemals, da sie immer künstlich ist.

Die wahre Leidenschaft ist die Bejahung des Lebens und dadurch der Liebe. Liebe ist ein aktiver, keine passiver Zustand, eine Hinwendung zu einer Sache, ohne von dieser etwas zu erwarten, ein Wohlwollen um der Sache selbst willen. Sie ist vor allem auf das Geben, nicht auf das Empfangen ausgerichtet. Lieben heißt aber nicht, in dem anderen aufgehen. Ganz im Gegenteil. Bei der wahren Liebe erfährt man sich als Individuum und ist doch gleichzeitig verbunden. Der andere ist einem gleich, doch trotzdem ein Individuum. Es ist eine oft falsch verstandene narzisstische Ansicht, die man heute nicht allzu selten antrifft, dass behauptet wird, um zu lieben müsse man sich ausdehnen und die anderen umfassen. In Wahrheit ist die ein Erdrücken, ein In-sich-Aufsaugen des anderen und damit die Verneinung seiner Individualität. Das ist mit echter Liebe nicht gemeint.

Liebe kann aber zum Götzendienst werden, wenn vom anderen erwartet wird Antworten auf sein eigenes Leben zu erhalten oder dass der andere die eigenen Probleme lösen würde. Wer nicht allein sein kann, der kann auch nicht wirklich lieben. Wer des anderen bedarf, der kann ihn nicht lieben, sondern muss ihn zum Götzen machen. Das kann entweder durch den Wunsch den anderen zu beherrschen geschehen, oder dadurch, dass man passiv sich dem anderen unterwirft. Wenn der Mensch jedoch einen Menschen anbetet, dann entmenschlicht er sich und en anderen, dann wird er selbst zum Tier. Beides sind keine wahren Arten von Liebe sondern Götzendienst, Entmenschlichung und ein fundamentaler Verstoß gegen die natürliche Gleichheit aller Menschen.

Donnerstag, 8. November 2012

Ritterlichkeit – ein zeitloser Moralkodex

Der Mensch der heutigen Zeit findet sich in einer pluralistischen Welt, die ihm oft mehr Last als Befreiung und Erfüllung ist. Umso schwerer fällt es dem einzelnen für sich selbst ein rechtes Maß zu halten und Prinzipien ausfindig zu machen, anhand derer er sein Leben ausrichten kann. Gerade die Vielfalt der Möglichkeiten wird uns allen oft zum Unheil. Ich will hier deshalb recht kurz einen Kodex darstellen, der zwar seit langem bekannt, aber doch zu jeder Zeit anwendbar ist und es dem einzelnen ermöglicht, sowohl ein vernünftiges, als auch ein sinnreiches und erfolgreiches Leben zu führen. Dabei handelt es sich nicht um Regeln, die einem genau vorschreiben würden, wie man handeln soll, sondern die Verantwortung des Menschen berücksichtigen, selbständig zu denken, doch im Rahmen von fixen Prinzipien. Wovon ich spreche, das ist der Code der Ritterlichkeit, der Moralkodex nachdem die abendländischen Ritter ihr Leben lebten. Dieser Kodex ist auch in unserer Zeit das moralisch Beste, was die Menschheit je hervorgebracht hat. In der Folge nun die Prinzipien und jeweils ein kurzer Kommentar dazu. Ich gehe hier nur auf die abendländische Ritterlichkeit ein, wenngleich es auch gute Kodizes aus anderen Kulturkreisen gibt, insbesondere aus Japan, in Form des Hagakure, des Yamamoto Tsunetomo.
 

1.)    Maßhaltung

Ein guter, vernünftig handelnder Mensch hat erkannt, dass das rechte Handeln darin besteht die Exzesse zu vermeiden. Die Bedürfnisse müssen auf vernünftige und taugliche Weise befriedigt werden, ohne dabei sich zu übernehmen. Dieses Gebot schließt den kurzsichtigen Hedonismus genauso wie die Askese aus. Jedoch gibt es auch Werte, deren Mitte gerade in dem Übermaß besteht, dazu gehört etwa die Liebe, insbesondere die Liebe zu Gott.

 
2.)    Glaube

Das Gebot des Glaubens und der Liebe gehören untrennbar zusammen. Ein Ritter ist ein gläubiger Mensch, niemals kann er ein Atheist oder Agnostiker zu sein.

 
3.)    Zucht

Darunter sind Anstand und Wohlerzogenheit zu verstehen. In diesen Bereich gehört auch die Höflichkeit. Höflichkeit unterstützt die Ehre und zwar auch dann, wenn die Person, mit der man es zu tun hat, selbst nicht höflich ist. Es gibt in jedem Menschen einen Bereich, dem völlig klar ist, dass Höflichkeit das an sich richtige Verhalten ist. Rüpelhaftigkeit mag versuchen sich darüber hinweg zu helfen, doch kein Mann (und auch keine Frau) kann für sich Ehre und auch Selbstwert beanspruchen, der nicht höflich gegenüber dem Mitmenschen ist.


4.)    Ehre

Ehre bedeutet Ansehen und Würde. Damit ist eine soziale Eigenschaft gemeint. Niemand hat Ehre an sich, sondern es ist die Bezogenheit auf den anderen, die einem Ehre verschafft. Ehre hat mit Prinzipientreue zu tun und ist unabhängig von Wohlwollen, von der Zu- oder Abneigung der Mitmenschen. Ehre erhält man dadurch, dass man etwas tut, das Achtung abverlangt, selbst von den eigenen Feinden.


5.)    Treue

Treue steht in engem Zusammenhang zum vorigen Punkt, der Ehre. Treue heißt einem anderen beizustehen, mit ihm durch dick und dünn zu gehen. Damit ist die Treue unter Freunden ebenso gemeint, wie gegenüber dem Ehepartner. Ein treuer Mensch würde die Ehe niemals brechen, auch würde er niemals aus Opportunitätsgründen die „Fronten“ wechseln, sprich den „König“ zu verlasen.

 
6.)    Hoher Mut

Ein edler Mensch ist kein Pessimist, er weiß, dass sein Leben in einem größeren Zusammenhang steht und glaubt an das grundsätzlich Gute in der Schöpfung. Der Ritter bekämpft das Böse, vertraut darauf aber auf die Kraft, die ihm vom ultimativen Guten, Gott, zufließt, denn er weiß, dass er aus sich heraus nichts ist, nur durch Gott ist der Ritter in der Lage Gutes und Edles zu tun.

 
7.)    Demut

Demut verhindert, dass ein Mensch den Bezug zur Realität verliert, vor allem dann, wenn er siegt, wenn er Erfolg hat. Demut sorgt dafür, dass der Ritter sich klar ist, dass Erfolg eine Gnade und kein Recht ist.

 
8.)    Milde

Darunter ist zu verstehen, dass der edle Mensch ein sozialer Mensch ist. Er kümmert sich um seine Mitmenschen, vor allem um jene, denen es schlecht im Leben geht, und das ganze ohne sich mit den Mittellosen gemein zu machen. Er bleibt edel im Geben, sowie er edel im Nehmen ist, ohne in Anspruchsdenken zu verfallen.


9.)    Würde / edler Stand

Adel im eigentlichen Sinne ist kein Geburtsrecht, sondern eine Eigenschaft, die einem aufgrund des Verhaltens zueigen wird. Würdevoll kann jeder Mensch sein, auch derjenige, der über keine Macht und keine materiellen Ressourcen verfügt. Die Würde des Menschen kommt von seinem Sein, nicht von seinem Haben.

 
10.)                       Beständigkeit

Ein Ritter ist verlässlich, er führt zu Ende, was er begonnen hat. Er sagt nicht etwas zu dem einen in einer Sache und eine andere zu einem anderen in Bezug auf diese Sache. Man kann sich auf ihn verlassen und er bleibt bei der Sache, zu der er sich verpflichtet hat.

 
11.)                       Güte

Der edle Mensch hat einen harten Geist, aber ein weiches Herz, er erbarmt sich seiner Mitmenschen, er tut das Gute und nicht das Böse.


12.)                       Tapferkeit

Der Ritter ist mutig, er scheut den Konflikt nicht, im Gegenteil, er sucht den Konflikt sogar, wenn dadurch das Gute erreicht werden kann. Der Ritter wünscht den Frieden, aber er weiß, dass es oft der Krieg ist, der den Frieden garantiert.

 
13.)                       Fleiß und Dienstbereitschaft

Trägheit ist eine der sieben Todsünden. Der edle Mensch ist ein aktiver, ein tätiger, Mensch. Er weiß, dass es seine Aufgabe ist die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Er ist tatkräftig und scheut sich nicht zuzupacken. Freizeit ist zwar nicht unerwünscht, aber die Tätigkeit liegt dem Ritter näher als die Passivität.

 
14.)                       Verstand und Weisheit

Der Edle ist nicht nur ein vernunftbegabter Mensch, sondern auch einer, der sich der Vernunft bedient. Insofern folgt er Kants Aufforderung sich seines eigenen Verstandes zu bedienen. Doch er ist kein Aufklärer, nicht weil er diese für schlecht hielte, sondern weil er erkennt, dass das naturalistisch-rationalistische Weltbild die Wirklichkeit einschränkt. Der Ritter kümmert sich um die Realität als Ganzes, wozu natürlich der Verstand gehört, aber auch das Gefühl, die Intuition, als auch der Glaube. Weisheit und Wahrheit, nicht das bloße Wissen, sind die Ideale des idealen Menschen.

 
15.)                       Schönheit

Der edle Mensch ist ein Dichter und Künstler, er weiß, dass die Entwicklungsachsen des Menschen dreifach sind: die Vernunft, die Liebe und die Kreativität. Gerade die Kreativität ist ein Ausdruck des Göttlichen, das durch den Menschen wirkt. Der Ritter ist ein Homo-Sapiens, als auch ein Homo Faber, mit Sicherheit ist er kein Homo-Consumens und damit eine Anomalie in der modernen Welt. Doch er bezieht sein Selbstverständnis, den Sinn seines Lebens, nicht aus diesem Universum, sondern aus Gott. Und damit ist er seinen Mitmenschen, die im rein Materiellen leben überlegen.

 
16.)                       Reichtum

Reichtum bezieht sich weniger auf das Materielle, sondern auf das Ideelle und vor allem das Spirituelle. Wer das Königreich in seinem Inneren gefunden hat, der braucht sich um die Versorgung in der Welt nicht zu sorgen.

Diese 16 Punkte sollen nicht einfach akzeptier werden, sondern sollen durch den eigenen Verstand wandern und reflektiert werden. Man muss sich selbst treu bleiben und nicht von anderen vorschreiben lassen, wie man sein Leben leben soll. Doch eines darf man niemals vergessen: Wenn dieses Universum alles ist, was es gibt, dann ist das Leben absurd, dann gibt es auch keinen Grund zwischen Gut und Böse zu unterscheiden, doch der Sinn des Lebens leitet sich nur aus dem her, was diese Welt (das Universum) transzendiert. Doch die eigentliche Frage ist jedoch jene danach, wer heute noch dazu in der Lage ist. Wer ist noch so edel sein Leben in einen größeren (außerkosmischen) Zusammenhang zu stellen? Das ist die Frage, die das Leben an den postmodernen Menschen stellt. Wer kann sie richtig beantworten?