Donnerstag, 8. November 2012

Ritterlichkeit – ein zeitloser Moralkodex

Der Mensch der heutigen Zeit findet sich in einer pluralistischen Welt, die ihm oft mehr Last als Befreiung und Erfüllung ist. Umso schwerer fällt es dem einzelnen für sich selbst ein rechtes Maß zu halten und Prinzipien ausfindig zu machen, anhand derer er sein Leben ausrichten kann. Gerade die Vielfalt der Möglichkeiten wird uns allen oft zum Unheil. Ich will hier deshalb recht kurz einen Kodex darstellen, der zwar seit langem bekannt, aber doch zu jeder Zeit anwendbar ist und es dem einzelnen ermöglicht, sowohl ein vernünftiges, als auch ein sinnreiches und erfolgreiches Leben zu führen. Dabei handelt es sich nicht um Regeln, die einem genau vorschreiben würden, wie man handeln soll, sondern die Verantwortung des Menschen berücksichtigen, selbständig zu denken, doch im Rahmen von fixen Prinzipien. Wovon ich spreche, das ist der Code der Ritterlichkeit, der Moralkodex nachdem die abendländischen Ritter ihr Leben lebten. Dieser Kodex ist auch in unserer Zeit das moralisch Beste, was die Menschheit je hervorgebracht hat. In der Folge nun die Prinzipien und jeweils ein kurzer Kommentar dazu. Ich gehe hier nur auf die abendländische Ritterlichkeit ein, wenngleich es auch gute Kodizes aus anderen Kulturkreisen gibt, insbesondere aus Japan, in Form des Hagakure, des Yamamoto Tsunetomo.
 

1.)    Maßhaltung

Ein guter, vernünftig handelnder Mensch hat erkannt, dass das rechte Handeln darin besteht die Exzesse zu vermeiden. Die Bedürfnisse müssen auf vernünftige und taugliche Weise befriedigt werden, ohne dabei sich zu übernehmen. Dieses Gebot schließt den kurzsichtigen Hedonismus genauso wie die Askese aus. Jedoch gibt es auch Werte, deren Mitte gerade in dem Übermaß besteht, dazu gehört etwa die Liebe, insbesondere die Liebe zu Gott.

 
2.)    Glaube

Das Gebot des Glaubens und der Liebe gehören untrennbar zusammen. Ein Ritter ist ein gläubiger Mensch, niemals kann er ein Atheist oder Agnostiker zu sein.

 
3.)    Zucht

Darunter sind Anstand und Wohlerzogenheit zu verstehen. In diesen Bereich gehört auch die Höflichkeit. Höflichkeit unterstützt die Ehre und zwar auch dann, wenn die Person, mit der man es zu tun hat, selbst nicht höflich ist. Es gibt in jedem Menschen einen Bereich, dem völlig klar ist, dass Höflichkeit das an sich richtige Verhalten ist. Rüpelhaftigkeit mag versuchen sich darüber hinweg zu helfen, doch kein Mann (und auch keine Frau) kann für sich Ehre und auch Selbstwert beanspruchen, der nicht höflich gegenüber dem Mitmenschen ist.


4.)    Ehre

Ehre bedeutet Ansehen und Würde. Damit ist eine soziale Eigenschaft gemeint. Niemand hat Ehre an sich, sondern es ist die Bezogenheit auf den anderen, die einem Ehre verschafft. Ehre hat mit Prinzipientreue zu tun und ist unabhängig von Wohlwollen, von der Zu- oder Abneigung der Mitmenschen. Ehre erhält man dadurch, dass man etwas tut, das Achtung abverlangt, selbst von den eigenen Feinden.


5.)    Treue

Treue steht in engem Zusammenhang zum vorigen Punkt, der Ehre. Treue heißt einem anderen beizustehen, mit ihm durch dick und dünn zu gehen. Damit ist die Treue unter Freunden ebenso gemeint, wie gegenüber dem Ehepartner. Ein treuer Mensch würde die Ehe niemals brechen, auch würde er niemals aus Opportunitätsgründen die „Fronten“ wechseln, sprich den „König“ zu verlasen.

 
6.)    Hoher Mut

Ein edler Mensch ist kein Pessimist, er weiß, dass sein Leben in einem größeren Zusammenhang steht und glaubt an das grundsätzlich Gute in der Schöpfung. Der Ritter bekämpft das Böse, vertraut darauf aber auf die Kraft, die ihm vom ultimativen Guten, Gott, zufließt, denn er weiß, dass er aus sich heraus nichts ist, nur durch Gott ist der Ritter in der Lage Gutes und Edles zu tun.

 
7.)    Demut

Demut verhindert, dass ein Mensch den Bezug zur Realität verliert, vor allem dann, wenn er siegt, wenn er Erfolg hat. Demut sorgt dafür, dass der Ritter sich klar ist, dass Erfolg eine Gnade und kein Recht ist.

 
8.)    Milde

Darunter ist zu verstehen, dass der edle Mensch ein sozialer Mensch ist. Er kümmert sich um seine Mitmenschen, vor allem um jene, denen es schlecht im Leben geht, und das ganze ohne sich mit den Mittellosen gemein zu machen. Er bleibt edel im Geben, sowie er edel im Nehmen ist, ohne in Anspruchsdenken zu verfallen.


9.)    Würde / edler Stand

Adel im eigentlichen Sinne ist kein Geburtsrecht, sondern eine Eigenschaft, die einem aufgrund des Verhaltens zueigen wird. Würdevoll kann jeder Mensch sein, auch derjenige, der über keine Macht und keine materiellen Ressourcen verfügt. Die Würde des Menschen kommt von seinem Sein, nicht von seinem Haben.

 
10.)                       Beständigkeit

Ein Ritter ist verlässlich, er führt zu Ende, was er begonnen hat. Er sagt nicht etwas zu dem einen in einer Sache und eine andere zu einem anderen in Bezug auf diese Sache. Man kann sich auf ihn verlassen und er bleibt bei der Sache, zu der er sich verpflichtet hat.

 
11.)                       Güte

Der edle Mensch hat einen harten Geist, aber ein weiches Herz, er erbarmt sich seiner Mitmenschen, er tut das Gute und nicht das Böse.


12.)                       Tapferkeit

Der Ritter ist mutig, er scheut den Konflikt nicht, im Gegenteil, er sucht den Konflikt sogar, wenn dadurch das Gute erreicht werden kann. Der Ritter wünscht den Frieden, aber er weiß, dass es oft der Krieg ist, der den Frieden garantiert.

 
13.)                       Fleiß und Dienstbereitschaft

Trägheit ist eine der sieben Todsünden. Der edle Mensch ist ein aktiver, ein tätiger, Mensch. Er weiß, dass es seine Aufgabe ist die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Er ist tatkräftig und scheut sich nicht zuzupacken. Freizeit ist zwar nicht unerwünscht, aber die Tätigkeit liegt dem Ritter näher als die Passivität.

 
14.)                       Verstand und Weisheit

Der Edle ist nicht nur ein vernunftbegabter Mensch, sondern auch einer, der sich der Vernunft bedient. Insofern folgt er Kants Aufforderung sich seines eigenen Verstandes zu bedienen. Doch er ist kein Aufklärer, nicht weil er diese für schlecht hielte, sondern weil er erkennt, dass das naturalistisch-rationalistische Weltbild die Wirklichkeit einschränkt. Der Ritter kümmert sich um die Realität als Ganzes, wozu natürlich der Verstand gehört, aber auch das Gefühl, die Intuition, als auch der Glaube. Weisheit und Wahrheit, nicht das bloße Wissen, sind die Ideale des idealen Menschen.

 
15.)                       Schönheit

Der edle Mensch ist ein Dichter und Künstler, er weiß, dass die Entwicklungsachsen des Menschen dreifach sind: die Vernunft, die Liebe und die Kreativität. Gerade die Kreativität ist ein Ausdruck des Göttlichen, das durch den Menschen wirkt. Der Ritter ist ein Homo-Sapiens, als auch ein Homo Faber, mit Sicherheit ist er kein Homo-Consumens und damit eine Anomalie in der modernen Welt. Doch er bezieht sein Selbstverständnis, den Sinn seines Lebens, nicht aus diesem Universum, sondern aus Gott. Und damit ist er seinen Mitmenschen, die im rein Materiellen leben überlegen.

 
16.)                       Reichtum

Reichtum bezieht sich weniger auf das Materielle, sondern auf das Ideelle und vor allem das Spirituelle. Wer das Königreich in seinem Inneren gefunden hat, der braucht sich um die Versorgung in der Welt nicht zu sorgen.

Diese 16 Punkte sollen nicht einfach akzeptier werden, sondern sollen durch den eigenen Verstand wandern und reflektiert werden. Man muss sich selbst treu bleiben und nicht von anderen vorschreiben lassen, wie man sein Leben leben soll. Doch eines darf man niemals vergessen: Wenn dieses Universum alles ist, was es gibt, dann ist das Leben absurd, dann gibt es auch keinen Grund zwischen Gut und Böse zu unterscheiden, doch der Sinn des Lebens leitet sich nur aus dem her, was diese Welt (das Universum) transzendiert. Doch die eigentliche Frage ist jedoch jene danach, wer heute noch dazu in der Lage ist. Wer ist noch so edel sein Leben in einen größeren (außerkosmischen) Zusammenhang zu stellen? Das ist die Frage, die das Leben an den postmodernen Menschen stellt. Wer kann sie richtig beantworten?

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen