Sonntag, 30. März 2014

Wie man seinem Herrn das Reich ausspannt

xEs gibt Zeiten in der Geschichte über die wir nur wenig wissen. Oft ist dies gerade deshalb erstaunlich, weil wir von noch früheren Zeiten nicht selten weitaus mehr wissen und  ein "dunkles Zeitalter" darauf folgt. Ein solches finden wir in der Zeit nach dem Ende des Weströmischen Reiches bis zur Karolinger Ära; das was man grob als "Frühmittelalter" bezeichnet. Ein Königsgeschlecht regierte damals in Westeuropa, vor allem im heutigen Frankreich und Westdeutschland, das von den meisten lediglich dem Namen nach gekannt, ansonsten aber stiefmütterlich behandelt wird und seit 1200 Jahren in geringer Achtung seht; so wird es auch meist einfach übergangen: die Merowinger. Dass dieses Geschlecht so wenig Beachtung findet hat mehrere Gründe. Einer jedoch sticht hervor und hat mit der Propaganda ihrer Nachfolger zu tun, die derart erfolgreich war (und ist), dass sich ihre Wirkung seit dem 8. Jahrhundert bis in unsere Zeit hinein erstreckt.



DIE "ROIS FAINÉANTS"

Seit Jahrzehnten schon war das fränkische Königtum zu einem Trauerspiel verkommen. Seit dem 7. Jahrhundert hatten die Könige die faktische Macht im Staat immer mehr ihren Hausmeiern (maior domus), den "politischen Geschäftsführern" überlassen, von denen die ehrgeizigsten aus dem Hause kam, das später als die "Karolinger" bekannt wurde. Das Amt des Hausmeiers entstand während der germanischen Völkerwanderung und blieb bei den meisten Völkern relativ unbedeutend, nur bei den Franken entwickelte es sich seit dem 6. Jahrhundert zu einer immer  mächtiger werdenden Institution. Das Amt wurde bald nur noch von Adeligen bekleidet und wurde im Laufe der Zeit sogar erblich. Die Karolinger, die seit Pippin dem Älteren (623-640) das Hausmeieramt ausübten, taten sich besonders durch ihr Streben nach Macht hervor und erreichten im Jahre 687 die Vereinigung der Hausmeierämter im gesamten Frankenreich in ihrer Hand.

Dieses Jahr 687 bildet auch das  Datum des Beginns der "Alleinherrschaft" der Karolinger. Alle Merowinger nach Dagobert I. (629-639) waren lediglich Schattenherrscher.  Der Name "Karolinger" geht auf einen der berühmtesten Hausmeier zurück, der in die Geschichte auch als der Bezwinger des Islam in Westeuropa bekannt wurde (durch die siegreiche Schlacht bei Tours und Poitiers 732), Karl Martell (dem Großvater Karls des Großen), der von 718 bis 741 regierte. Unglückliche Umstände hatten die formellen Herrscher, die Merowinger, dazu gezwungen lediglich als Marionetten ihrer Hausmeier zu dienen und hatten praktisch keinerlei Macht mehr. Allerdings besaßen sie über einige Generationen hinweg immerhin noch genug Ansehen, um vom Volk als Könige anerkannt zu werden. Die alten germanischen Traditionen, die allerdings immer stärker mit romanischem Geist durchsetzt wurden, blieben gerade bei der einfachen Bevölkerung noch lange Zeit vorherrschend, so dass die Herrscher noch lange vom Respekt, der ihnen entgegengebracht wurde, zehrten. Die Hausmeier jedoch verstanden es geschickt die Reputation der Könige allmählich zu schwächen und letztlich derart zu ruinieren, dass sich kaum einer mehr um den König scherte. Am Ende war es so weit gekommen, dass die Merowinger  nur noch im Rufe standen "rois fainéants", königliche Faulpelze, zu sein, lächerliche Figuren aus einer längst vergangenen Zeit. Symbol der Königwürde der Merowinger waren die langen Haare - etwas, das schon in biblischen Zeiten (siehe Samson) mit Kraft und Stärke in Verbindung gebracht wurde. Der letzte der Merowinger, Childerich III. wurde von den realen Machthabern bereits derart verachtet, dass man nicht einmal sein Geburtsdatum kennt (irgendwann zwischen 720 und 737), noch machte man sich die Mühe seine verwandtschaftliche Beziehung zu seinen Vorfahren festzuhalten, so dass wir heute nicht mehr wissen, von welchen Merowingern Childerich III. abstammte. Die Hausmeier hatten die Könige erfolgreich von aller Machtbasis abgeschnitten, so dass es letztlich ein Leichtes war sich ihrer ganz zu entledigen.



DER STURZ

Nachdem seit vielen Jahren die faktische Schwäche der Merowingerkönige unübersehbar geworden war, begannen die Hausmeier ihre "Herren" immer mehr zu verachten und sogar öffentlich  bloßzustellen. Nachdem diesem Verhalten weder von königlicher, noch von adeliger, noch von kirchlicher Seite entschieden entgegengetreten wurde, nahm das Ausmaß der Entwürdigungen immer weiter zu. Die Karolinger hatten nämlich keineswegs den Adel gestärkt, schon gar nicht hatten sie versucht eine Art Oligarchie zu errichten, sondern bauten eine Art "faktischer Königsmacht" neben der formalroyalen Macht auf. Dieses Auseinanderdriften zwischen formeller und realer Macht war für die germanische Tradition, der die Merowinger noch sehr stark verpflichtet waren, weitaus weniger untragban, als die mehr am romanischen Staatverständnis orientierten Karolinger (und die Kirche natürlich). Tatsächlich fand sich in dieser Diskrepanz eine Handhabe, die der neue Hausmeier, Pippin der Jüngere, der Vater Karls des Großen, im Jahre 751 klug zu nutzen wusste.

Der letzte Merowingerkönig, Childerich III. (gest. 755), von dem wir nur wenig wissen, wurde bereits in jungen Jahren von Karl Martell ins Kloster Sithui gesperrt. Die Folge war ein unbesetzter Thron für einige Jahre. Im Jahr 743 wurde Childerich noch einmal aus dem Kloster geholt, um an einigen Formalakten teilzunehmen, wozu man glaubte den König doch noch benötigen zu müssen. Die Hausmeier sorgten dafür, dass der König dabei als stumpfsinniger, fauler Kerl dastand, der jede Würde und jedes Ansehen verloren hatte. So wurden die letzten Merowingerkönige im allgemeinen als in Ochsenkarren durchs Land gezogene, langhaarige Faulpelze dargestellt. Dann, im Jahr 751, hielt der Nachfolger Karl Martells, Pippin der Jüngere, die Zeit für gekommen, dem  "Trauerspiel" ein Ende zu bereiten und Nägel mit Köpfen zu machen. Bischof Burkhard von Würzburg und Fulrad von St. Denis, die beiden wichtigsten Berater von Pippin, wurden mit einer Mission nach Rom zu Papst Zacharias geschickt. Der Papst sollte eine Entscheidung treffen, nämlich wer im Frankenreich regieren sollte: jener, der nur formell die Macht hatte oder jener, der sie faktisch innehatte. Der Papst
entschied ganz im Sinne Pippins. Pippin dankte es der Kirche und schloss bald einen Pakt mit ihr (siehe auch die gefälschte "Pippinische Schenkung").

Im November 751 ließ Pippin daraufhin in Soisson eine Versammlung der Franken einberufen, auf der er sich selbst zum neuen König ausrufen ließ und im  gleichen Zuge Childerich für abgesetzt erklärt wurde. Von nun ab regierten die Karolinger das Frankenreich bis zum Jahr 911, worauf dann bald der erste deutsche Kaiser, Heinrich I. (919-936), den Thron bestieg. Childerich wurden die Haare geschoren und er musste noch im selben Jahr in das Kloster Sithiu eintreten, wo er wenige Jahre später, 755, starb. Er hatte einen Sohn von dem nur der Name, Theudebert, bekannt ist. Seit damals spielte das Haus Merowinger nie mehr eine Rolle in der Geschichte, wenn es auch keinen Beweis dafür gibt, dass es irgendwann ausgestorben wäre.



INTERPRETATION
Macht hat weniger mit einem Titel, einer Position, auch mit Ressourcen aller Art, als mit dem Charakter des Menschen zu tun. Oft steht eine Person auf der Bühne der Welt und erscheint als sehr mächtig und einflussreich, doch in Wahrheit stehen anderen im Hintergrund, die die Fäden in der Hand halten. Die "Graue Eminenz" im Hintergrund ist ja längst sprichwörtlich geworden. Meist sind solche dominierenden Kräfte "hinter der Bühne" öffentlichkeitsscheu und nur die wenigsten wissen von ihnen. Hin und wieder kommt es jedoch vor, dass eine faktische Herrschaft auch offen erkannt wird und von den handelnden Personen nicht einmal bestritten wird. Lediglich aus Rücksicht oder Respekt wird in solchen Fällen vermieden die Wahrheit anzusprechen. Fälle von faktisch regierenden "zweiten Männern" hat es in der Geschichte immer wieder gegeben, auch in jüngerer Zeit. Man denke etwas an Fürst Metternich im österreichischen Kaisertum oder Otto von Bismarck in Preußen, bzw. dem Wilhelminischen Reich. Was die Situation der Merowinger jedoch herausragend macht ist, dass sich dieses Kräfteungleichgewicht zwischen dem herrschenden Monarchen und dem regierenden "Kanzler" über viele Jahre und Generationen hinweg verfestigte, so dass es zum Kennzeichen der Herrschaft und des Fränkischen Reiches, spätestens ab der Mitte des 7. Jahrhunderts, geworden war.

Dabei hatte für die Merowinger alles einst so gut begonnen. Das Haus leitete seine Herkunft von einem sagenhaften Vorfahren namens "Merowech" ab, der Mitte des 5. Jahrhunderts gelebt haben soll. Auf ihn folgte Childerich I, der bis 482 regierte und auf den der erste fränkische Großkönig Chlodwig I. folgte, der 495 zum (orthodox-katholischen) Christentum übertrat und in der  Geschichtschreibung als erster König von Frankreich geführt wird. Seit Chodwig wurden die französischen Könige in Reims gekrönt, eine Tradition, die sich bis zur  Französischen Revolution gehalten hatte. Die Merowinger hielten die verschiedenen Reiche der Franken lange Zeit erfolgreich zusammen und konnten mit einigen fähigen Königen aufwarten (wie etwa Chlodwig I. oder Dagobert I.). Mit Dagobert I. erlebte das Reich noch einmal einen Höhepunkt, auf den dann der Fall bei seinen Nachfolgern folgt.

Schädlich für die Königstärke war natürlich auch der Zerfall des Fränkischen Reiches in mehrere Teilreiche im 7. Jahrhundert, dabei vor allem in Austrasien, Neustrien und Burgund.  Zu diesem Zerfall kam es unter anderem aufgrund der Frührungsschwäche der Könige, die jedoch nicht auf charakterliche Mängel der Merowinger zurückzuführen war, sondern schlicht und einfach auf die Tatsache, dass von 639 an es eine ganze Reihe von sehr jungen Thronfolgern gab, die allesamt noch Kinder waren, als ihre Väter starben und sie so in den Einflussbereich mächtiger Adeliger in ihrem Umfeld gerieten (allen voran natürlich der Hausmeier). Dagobert I., der letzte große Merowinger, regierte sein Reich noch mit Stärke und Klugheit. Allerdings waren bei seinem Tod 639 seine beiden Söhne erst 9 (Sigibert III.) und 6 (Chlodwig II.) Jahre alt. Dieser nachteilige Umstand, junger, noch unreifer Monarchen alleine hätte wahrscheinlich noch nicht ausgereicht die Monarchie derart zu schwächen. Hinzu traten gesellschaftliche, wirtschaftliche, politische, sowie religiöse Veränderungen, die in ihrem Zusammenwirken für einen immer größeren Verlust der Königmacht sorgten.

Dass die Merowinger in der Geschichtschreibung so schlecht wegkommen, hat wesentlich mit der karolingischen Propaganda zu tun, die in der Zeit nach der Machtübernahme, im Dienste der neuen Herren alles daran setzte ihre  Vorgänger als dekadente, stümperhafte, faule Lachnummern darzustellen, um den Makel der eigenen Thronlegitimtät zu überdecken. Allerdings war es auch für die Karolinger nicht leicht mit der Tradition zu brechen und ihre Machtübernahme zog sich über ein ganzes Jahrhundert hin. Wären die Merowingerherrscher tatsächlich so schwach und inkompetent gewesen, wie ihnen angedichtet wurde, hätten die Hausmeier leichteres Spiel gehabt und hätten die Königswürde schon zu einem viel früheren Zeitpunkt für sich in Anspruch genommen. Tatsächlich gab es schon vor dem Staatsstreich von Pippin frühere Versuche sich die Macht zu sichern, die allerdings von der Merowingern erfolgreich abgewehrt wurden (z.B. die "Grimoaldaffäre", bei der der Hausmeier Grimoald seinen eigenen Sohn, anstatt des legitimen Dagobert II. auf den Thron bringen wollte und später vom Merowinger Chlodwig II. hingerichtet wurde).

Die karolingischen Chronisten, allen voran Einhard, der Geschichtsschreiber Karls des Großen, dienten ihren Herrn nach Kräften und schufen ein Bild von den Merowingern für die Nachwelt, das kaum ein gutes Haar an ihnen ließ. Diese Tradition hat sich bis in die jüngste Zeit hinein gehalten. Erst in jüngster Zeit gibt es kritische Stimmen, die die Merowinger in einem besseren, realistischeren Bild, zeichnen.  Der Dynastiewechsel kennzeichnet auch eine Änderung in der Legitimierung von Herrschaft. Nach altem germanischem Verständnis war die Herrschaft noch untrennbar an die Blutsverwandtschaft und damit vor allem an die Familie des Herrschers gebunden. Eine Möglichkeit, dass eine andere Dynastie den Thron bestieg, gab es grundsätzlich nicht. Durch das neue romanische Herrschaftsverständnis, wie es durch die Karolinger eingeführt wurde, bestand auch die  Möglichkeit der Absetzung von Königen. Etwas, das von jenem Zeitpunkt an in Europa immer wieder angewandt wurde, um sich der Herrscher zu entledigen. Eine Vorstellung von einer ungebrochenen dynastischen Kette über Jahrtausende, wie sie etwas in Bezug auf das japanische Kaiserhaus herrscht, wurde in Europa nur schwer denkbar. Ausnahmen wie etwa der "Tyrannenmord" wurden zwar bereits im Mittelalter diskutiert, doch die Absetzung von Königen wegen Inkompetenz oder charakterlicher Mängel, war eine neue Erscheinung. Insofern hat die Herrschaftsübernahme durch die Karolinger, wenn sie auch unrechtmäßig war,  doch einen Präzedenzfall für die Nachwelt geschaffen, der zur Herausbildung des modernen Herrschaftsverständnisses beigetragen hat und bereits ein erster Schritt in Richtung Begrenzung von Macht darstellt. Darüber hinaus verwendete auch der Papst diesen Vorbildfall zu seinen Gunsten, als es im 11. Jahrhundert (unter Papst Gregor VII.) darum ging, dass der Papst das Recht habe Kaiser und König abzusetzen (vergleiche die die subordinierende und die coordinierende Zweischwerterlehre).



LEKTIONEN
* Die Geschichte wird von den Siegern geschrieben.

* Die "Geschichte" ist eine Sammlung von Erzählungen, die für wahr gehalten werden, weil man sich darauf geeingt hat.


* Auch die Wissenschaften, selbst die Naturwissenschaften, sind Sammlungen von Erzählungen, die sich auf den jeweiligen Gegenstand der Wissenschaft beziehen.


* Propaganda kann so erfolgreich sein, dass sie noch über Jahrtausende in die Zukunft hinein reicht und die Vorstellungen der Menschen leiten.


* Menschen streben nach Macht. Wer einem anderen Macht überträgt, muss sicherstellen, dass er nicht allmählich in dessen Abhängigkeit gerät. Ein Herr darf es nicht zulassen von einem
Diener (egal welches Amt er auch bekleiden mag) in den Schatten gestellt zu werden. Hier gilt es vor allem schon den Anfängen zu wehren.


* Man muss für seine Kinder gute Vorsorge treffen, für den Fall, dass man selbst früh stirbt. Dabei ist vor allem auf eine tüchtige Vormundschaft zu achten, die sich nicht selbst bereichert und
ganz im Interesse der Nachkommenschaft handelt.


* Verliere niemals den Kontakt zu deiner Machtbasis. Isolation ist der Tod, gerade für Menschen, die über Macht verfügen. So sehr der Mensch in Krisenzeiten dazu neigt, sich zurückzuziehen und
alleine seine Wunden zu lecken, so notwendig ist es gerade dann den Kontakt zu suchen und sich der Loyalität und des Beistandes anderer zu versichern.


* Man darf die Entwicklungen der Zeit nicht übersehen. Gesellschaftliche Änderungen verlaufen weitaus langsamer, als die wirtschaftlichen oder politischen; trotzdem sind sie diejenigen, die am gravierendsten in ihren langfristigen Auswirkungen sind. Dabei hat auch deren Tempo sich in unserer Zeit beschleunigt. Alexis des Tocqueville war der erste der erkannte, dass "eine neue Generation wie ein neues Volk" ist. Man darf sich dabei allerdings nicht vom oberflächlichen Augenschein täuschen lassen, denn die wahren Veränderungen geschehen im Geist der Menschen, nicht in der äußeren Erscheinung. Dies nicht erkannt zu haben, war der Fehler vieler Herrscher in der Geschichte. Den Zeitgeist zu kennen ist immer wichtig, doch ist dieser Zeitgeist das, was im Entstehen begriffen ist, nicht das, was überall erblickt werden kann. Auf die Mode oder einen Trend zu setzen ist Unsinn. Auf was es alleine ankommt sind die großen "Kursänderungen" einer Gesellschaft. Diese zu erkennen ist jedoch etwas, wozu der bloße Verstand nicht ausreicht, dazu bedarf es der Vernunft.



P.S.: Die "dunkle Zeit" des Frühmittelalters, in der es einen erstaunlichen Mangel an historischen Quellen gibt (vor allem archäologische!), hat bei manchen (z.B. Heribert Illig) zur These vom "erfundenen Mittelalter" geführt. Derzufolge fehlen in unserer Zeitrechnung etwa 300 Jahre und wir lebten demnach nicht im 21., sondern erst im 18. Jahrhundert! Was sich auf den ersten Blick  völlig verrückt anhören mag, wird dabei durchaus vernünftig nachvollziehbar aufgezeigt. Freilich ist dies eine andere "Geschichte", als jene, die man in der Schule gelernt hat. Aber auch diese ist eben eine Erzählung und der denkende Mensch muss entscheiden, welche er für sich als die bessere betrachtet. Siehe dazu http://www.fantomzeit.de.



Mittwoch, 19. März 2014

Eine neue Pentarchie braucht die Welt



Sokrates: Gründer und Herausgeber von Strategos 21Die Realität ist oft das, woran man sich eine blutige Nase holt, sowie die Schmerzen, die man spürt, wenn die Vorstellung von der Wirklichkeit mit dieser nicht in Einklang steht und alle psychischen Bewältigungsmechanismen zur  Unterdrückung dieser Tatsache nicht mehr hinreichen.

Die Ereignisse in der Ukraine der letzten Wochen haben der Welt deutlich vor Augen geführt wie verfehlt die Vorstellung ist,  dass eine friedliche Welt der Harmonie bevorstünde und Konflikte im 21. Jahrhundert immer weniger würden. Naive Diplomatie offenbart sich in der völligen Fehleinschätzung der gegenwärtigen Entwicklungen. Der geistige Horizont ist verengt, die Phantasie,
das kreative Denken, sind auf einem Tiefpunkt angelangt. Es ist nicht übertrieben von Dummheit des Westens zu sprechen, wenn man seine Vorgehensweise zu Beginn des Krim-Konfliktes betrachtet. Dabei ist Dummheit nichts, was mit eingeschränkter  Intelligenz zu tun hat, sondern mit mangelnder geistiger Freiheit. Diese mangelnde Freiheit ist vor allem durch Wunschdenken und Ausblendung von Fakten entstanden. Eine Krankheit an der die westliche Bevölkerung seit langem leidet und die längst auch seine Eliten erfasst hat.

"Diplomatie ohne Waffen ist wie Musik ohne Instrumente", meinte Friedrich der Große. Leute wie Wladimir Putin haben dieses Faktum niemals aus den Augen gelassen. Wie es scheint waren seine westlichen Pendants nicht so realistisch und müssen nun den Preis für ihr Versagen bezahlen. Es wird nichts daran vorbei führen, dass die europäischen und amerikanischen Politker wieder auf den Boden der Realipolitik zurückkehren und vordergründig ihre nationalen bzw. supranationalen Interessen berücksichtigen und nicht einen "Kanon von Werten", der sich schön auf einer goldenen Plakette in einem Regierungsgebäude macht, aber nichts mit der Realität zu tun hat. Die Realität ist der Herr der Welt, vor der Notwendigkeit weicht jede Vorstellungen, jede Meinungen (und  auch das Gesetzt, das Recht ist eine Meinung, wenn auch meist eine recht qualifizierte - machen wir uns also diesbezüglich nichts vor!). Deshalb muss sich jede Politik immer an der Realität ausrichten und nicht an der "Gegenwelt" im Geiste, wie immer diese auch geartet sein mag.

Die Zukunft hat eine lange Vergangenheit und niemals kann man etwas gestaltenohne die Geschichte zu verstehen. Das Studium der  Geschichte gehört mithin zum Wichtigsten, was Politiker und Diplomaten beherrschen müssen. Zu glauben, weil vor Jahrhunderten ein  Konflikt beigelebt wurde, hätte dies keine Auswirkungen mehr auf die Gegenwart ist blauäugig. In gewissen Weise sind alle Konflikte, die je zwischen Menschen und Staaten bestanden haben, teil eines jeden neu auftretenden Konfliktes. Es geht im Grund immer um alles, insbesondere dann, wenn vitale Interessen von Staaten betroffen sind!

Nach dem Wiener Kongress von 1814/15 gab es so etwas wie eine "Pentarchie", eine "Weltherrsschaft" der fünf großen globalen Mächte der damaligen Zeit: England, Frankreich, Preußen, Österreich und Russland. Wobei es innerhalb dieser fünf wieder eine  Zweiteilung gab, wobei Österreich, Preußen und Russland zu den konservativen, absolut-monarchistisch orientierten Kräften zählten, die sich zur "Heiligen Allianz" zusammengeschlossen hatten und auf der anderen Seite England und Frankreich, die staatsrechtlich eine liberale, konstitutionelle Monarchie als Form angenommen hatten. Diese Pentarchie bewährte sich bei mehreren Konflikten und trat neben den ständigen diplomatischen Geschäftstätigkeiten der jeweiligen Botschafter vor allem in Form von Konferenzen zusammen (z.B. die  Konferenz von Aachen). Im 19. Jahrhundert bewährte sich die Form der "Kongressdiplomatie" außerordentlich gut, von Wien 1814/15 (unter Metternich) bis zum Berliner Kongress von 1878, auf dem Bismarck und Disraeli die führenden Kräfte waren. Es spricht einiges dafür, dass viele Aspekte des 19. Jahrhunderts sich in unserer Zeit wieder bewähren könnten, nachdem das 20. Jahrhundert, vor allem die zweite Hälfte von einer Zweiteilung der Welt gekennzeichnet war.





DIE PENTARCHIE


Als 1945 die UNO in San Francisco gegründet wurde, diente sie als Nachfolgeorganisation des Völkerbundes von Anfang an in erster Linie der Erhaltung des Friedens auf der Welt. Allerdings erwies sie sich, genauso wie die "League of Nations" als nicht oder nur teilweise in der Lage dieses Ziel auch in die Praxis umzusetzen. Eine wichtige und sehr kluge Neuerung war jedoch die Einrichtung des ständigen Sicherheitsrates, dem die fünf bedeutendsten Siegermächte des 2. Weltkriegs angehörten und von denen jede ein Veto gegen entsprechende Beschlüsse besitzt. Damit
wurde von vorneherein der Tatsache Rechnung getragen, dass unterschiedliche Machtverhältnisse sich auch in unterschiedlichem Einfluss niederschlagen müssen. Es wäre nun naiv von einer "Gleichheit" aller Staaten zu sprechen, denn gerade darin läge eine große Unterechtigkeit gegenüber jenen, die sowohl über eine zahlenmäßig größere Bevölkerung, als auch wirtschaftlich und militärisch überragende Leistungsfähigkeit verfügen.

In der Praxis hat sich immer wieder gezeigt, dass der Einfluss einzelner Staaten und nicht die Weltgemeinschaft als Ganzes den Ausschlag für eine Entscheidung und auch für die Handlungsmöglichkeit geschaffen hat. Es ist keine Frage, dass die vielen Partikularinteressen  gebündelt werden müssen, um zu effektiven Entscheidungen, vor allem auf globaler Ebene, zu gelangen. Aus diesem Grunde sollten die  zukünftigen Entscheidungen über das Schicksal der Welt vor allem von großen Blöcken getroffen werden. Faktisch geschieht dies ohnehin und ist unvermeidbar. Deshalb ist es nur sinnvoll und im Sinne der Transparenz notwendig, dass diese faktsischen Verhältnisse auch in ein  offzielles, rechtliches Gebilde übergeführt werden. Alles andere ist Heuchelei. Was die Welt in unserer Zeit am meisten braucht sind authentische Führer. Die Menschen sind es leid, dass zwischen den verbalen Äußerungen und der Lebensrealität eine immer größere Lücke klafft. Dabei ist es relativ irrelevant welchen Politstil eine solcher Führer für sich gewählt hat. Auch die autokratische Regierungsmehode ist eine legitime Form des Regierens. Was jedoch in diesem 21. Jahrundert nicht mehr geduldet wird und nicht mehr geduldet werden kann ist eine Doppelmoral, eine Unehrlichkeit gegenüber den Menschen. Wenn eine Tatsache hart ist, so soll sie auch hart vermittelt werden. Den Menschen ist die Realität  zuzumuten und wenn sie auch schrecklich sein mag, so ist sie doch auch heilsam. Denn mehr als eine furchtbare Wahrheit schadet ihre Verschleierung.

Deshalb sollte das Berwertungskriterum einer Regierung nicht so sehr sein, ob sie demokratisch legtimiert ist, sondern ob sie die wahren  Bedürfnisse der Menschen befriedigt, ob sie der Vernunft und dem Guten gehorcht und niemals, ob sie eine populäre Meinung vertritt oder lediglich das "Angenehme" vertritt.  Nach diesen allgemeinen Überlegungen gilt es nun zu überlegen welche Art von Regentschaft für die Welt sinnvoll sein könnte, welche dem größeren Ganzen, der Menschheit am meisten dienlich ist, so dass sowohl das Gesamtwohl der Menschheit, als auch das Partikularwohl eines jeden Volkes größtmögliche Förderung genießt. Dazu können durchaus Überblicke über die reiche Geschichte der Menschheit dienlich sein, ist es doch so, dass sich im Grunde niemals völlig neue Probleme stellen. Schon bei den Sprüchen des Salomon heißt es, dass es nichts Neues unter der
Sonne gäbe und damit ist ein wahres Wort gesprochen. Beinahe alle Probleme des Menschen spielen sich im sozialen Bereich ab und das Verhalten des Menschen bleibt auch immer dasselbe, selbst wenn sich seine Umwelt, vor allem die technische Umwelt, ändern mag. In der condition humana haben wir eine Konstante gefunden auf die wir bauen können. Und vergessen wir nicht, dass Staaten keine Personen im natürlichen Sinne, sondern Abstraktionen, gedankliche Gebäude sein. Vom rein naturalistischen Standpunkt aus existieren Staaten überhaupt nicht, sondern sind nichts anderes als Gedanken im Kopf des Menschen. Handlungsfähig sind Staaten nur durch konkrete Wesen, die Menschen. Aus diesem Grund haben wir es  auch in der "hohen Politik" und in der Diplomatie immer mit Menschen zu tun und es sind Menschen, die über Wohl und Wehe der Welt entscheiden.

Daraus folgt, dass wir einiges aus dem menschlichen Wesen und aus der Geschichte für unsere Handeln in der heutigen Zeit lernen können.  Wie könnte nun einen neue Machtkonstellation auf der Welt aussehen? Die Antwort darauf ist recht kurz.  Aus fünf großen Blöcken sollte sie,  diese "Pentarchie" oder Weltordnung bestehen: Den Vereinigten Staaten, Europa, Russland, China und einem  Block bestimmter anderer großer Staaten wie etwa Indien oder Brasilien. Auch die arabische Welt könnte, unter der Voraussetzung, dass  sie geeint wäre, diesem Block angehören. Freilich würde gerade dieser fünft Block Schwierigkeiten bereiten, da seine Interessen sehr heterogen sein werden und im Wesentlichen gerade darin bestünden die anderen vier Blöcke nicht zu mächtig werden zu lassen. Außerdem müssten eine ganze Reihe von Staaten die "Krott" (Kröte), wie man in Österreich sagen würde, schlucken, nicht direkt Einfluss auf das Schicksal der Welt nehmen zu können. Doch die faktischen Umstände rechtfertigen ein solches Vorgehen allemal und die indirekte Einflussname etwa durch diverse Bündnisse ist jeden kleineren Staat völlig unbenommen.

Diese fünf Blöcke würden wie bisher der ständige Sicherheitsrats sich mehr oder weniger die Welt unter sich ausmachen. Einerseits könnten lokale Konflikte dadurch recht schnell duch gemeinsames Einschreiten schnell ausgeschaltet werden, auf der anderen Seite würde eine "Pentarchie" auch die Gefahr einer unipolaren Welt, wie sie etwas Präsident Putin widerholt in seinen Reden als Gefahr dargestellt hat, verhindert werden. So sehr das westliche Modell für den Westen von großem Vorteil ist, so sehr wäre es doch eine neue Form des Imperialismus und Chauvinismus, wenn dieses  Modell einst zum einzigen Modell auf der Welt werden sollte. Die Welt wird gerade durch Konkurrenz verschiedener Modelle in Bewegung gehalten. Kultivierte Konflikte sind ein Zeichen einer hohen Kultur, eine Welt in der die Konflkite ausgeschaltet sind, wäre eine Welt, die einer Hölle der  Gleichförmigkeit gleichkäme. Die Pentarchie würde für eine zivilisierte Konkurrenz sorgen, die sich gerade dadurch für die Menschheit als großen gegen erweisen würde.



EUROPA ALS KUTSCHER DER WELT


Eine Entwicklung ließ sich im 20. Jahrhundert beobachten. Obwohl Europa an dirketem, vor allem politischem, globalen Einfluss  verloren hatte, vor allem nach dem 1. Weltkrieg und der Ablösung der Weltmacht Nummer 1, das "British Empire" durch die Vereinigten Staaten, wurde die westliche Lebensart, die westliche Industrie- und Produktionsweise, das westliche Wertedenken und meist auch
die westliche Art Politik zu betreiben auf die Welt übertragen. Ähnlich wie nach dem Zusammenbruch des (West-)Römischen Reiches am  Ende der Antike, wurde das System des untergangenen Reiches dominierend für die neuen Machthaber. Im 20. Jahrhundert wurde die Welt micht zunehmender Geschwindigkeit wie der "Westen".

Nach den Napoleonischen Kriegen, vor allem in den 20er-Jahren des 19. Jahrhundert übernahm Österreich eine Schlüsselrollen im Ausgleich der europäischen Mächte, vor allem dank des hervorragenden Diplomaten und Staatsmanns Clemens Fürst von Metternicht. Mehrmals wäre es zu kriegerischen Auseinandersetzungen gekommen (z.B. zwischen Zar Alexander I. und dem Osmansichen Reich), hätte Metternicht nicht die "Zügel" fest in der Hand gehalten und einen Ausgleich erzielt.

Europa ist ein glaubwürdiges Friedensprojekt, das glaubwürdigste auf der Welt überhaupt und in der Geschichte der Menschheit. Oft wird diese aufrichtige Vorliebe für den Frieden als eine Schwäche Europas ausgelegt, vor allem von jenen, die immer noch an die reine Macht der Waffen glauben und die sich eine Herrschaft des Rechts nicht wirklich vorstellen können. Dass es gelungen ist Staaten, die über  Jahrhunderte hinweg Kriege gegeneinander geführt haben, wie Deutschland und Frankreich, nicht nur ihre Feindschaft einstellen, sondern sogar zu Freunden werden, ist eine unglaubliche historische Leistung, die nicht hoch genug engeschätzt werden kann. Man halte sich  nur vor Augen, wie die Stimmung in der Bevölkerung in den beiden Ländern gegenüber der andere Nation in der Zwischenkriegszeit war. Teilweise durften Deutsche in Frankreich und Franzosen in Deutschland nicht einmal die großen Museen besuchen. Dann schaue man nur wenige Jahrzehnte weiter und erkennt eine Freundschaft zwischen den beiden, die für frühere Generationen völlig undenkbar  gewesen wäre.

Europa verfügt heute nicht mehr über bedeutende militärische Stärke, auch ist seine wirtschaftliche Macht nicht mehr so groß wie einst und nach allen realistischen Szenarien nimmt sein Anteil am Welthandel ständig ab und die Bedeutung des Kontinents in dieser Hinsicht wird in Zukunft beiweitem nicht mehr so groß sein wie heute. Deshalb sollte Europa sich weder auf militärische Stärke, noch auf wirtschaftliche Durchschlagskraft verlegen, sondern seine Bedeutung in einem ganz anderen Bereich suchen. Europa ist tatsächlich eine "Wertegemeinschaft", doch liegen diese Werte nicht so sehr im Bereich der Demokratie, der Menschenrechte oder der Rechtstaatlichkeit (dies ist der Irrtum, der überall verbreitet wird). Vielmehr ist es die Vernunft, der Konstitutionalismus der Staaten und das, was früher als "Utopie" bezeichnet wurde, was Europa ausmacht. Europa trägt in sich das Potenzial der Welt eine Richtung für ein "gutes Ende der Schöpfung" vorzugeben. Dieser utopische
Heilsgedanke hat seinen Ursprung in der christlich-jüdischen Heilslehre, wie man sie bei den Propheten des Alten Testaments nachlesen kann. Er geht über die Utopisten der Renaissance, wie Thomas More oder Tomaso Campanella bis zum Ersten Weltkrieg. Dort müssen wir wieder anknüpfen, beim Positiven an der Utopie, und aufhören sie mit Hirngespingsten gleichzusetzen. Noch im 20. Jahrhundert gab es einen großen moderenen Utopisten, Teilhard de Chardin, dem die Verknüpfung von Evolutionstheorie und christlichem Heilsgedanken gelang. Das is die wahre Stärke Europas, die Welt zum "Heil" führen zu können, das Heil allerdings, dass über die Welt hinausgeht, sie transzendiert. Wenn wir  nicht in weltlichen Heilslehren verherren, sondern sie übersteigen, dann können wir für die Welt einen Beitrag leisten, der größer ist als alle wirtschaftliche Leistung, als alle militärische Macht. Das befähigt Europa dazu die Zügel der Welt in der Hand zu halten zum Wohle aller. Lasst und daran arbeiten!


Eurer Sokrates





Samstag, 8. März 2014

Vom Werden des Menschen

xDas Sein ist nichts, das Werden ist alles! Das, meine Brüder, ist des höheren Menschen Einsicht. Ein Werdender ist der Mensch, einer, der nach der Vollkommenheit strebt, das Menschsein überwindet, die Natur überwindet, gerade auch in sich selbst. "Zurück zur Natur!" schreit der Einfältige, der ewig Rückwärtsgewandte, der sich danach sehnt in den stinkenden, fauligen Schoß der "Mutter Erde" zurückzukehren. Von der Finsternis ans Licht! Danach wollen wir Edlen streben, das Licht des Geistes gehe uns auf, wir heben den Blick und sehen keine Grenzen! Das heißt es das Dasein seiner Bestimmung zuzuführen - der Sinn des Lebens, das ist die Vollkommenheit, der Mensch, der sein Menschsein überwindet.

"Menschsein ist genug!" meint der kleine Geist, der Geist des Pöbels, der alle Menschen gleich haben will, erstens um nicht beheerrscht zu werden, gleich darauf aber, um die anderen zu beherrschen im Namen der Gleichheit. Niedrig sind jene, die brünstig sind, deren Herzen nach Macht gieren, doch nur durch Täuschung und Verführung sie erlangen können und selbst dann noch nicht den Mut haben
"Macht" zu sagen, wo nur Macht gemeint sein kann. Frei wollen sie sein und sind doch nur Sklaven. Sie lieben sich mehr als jeden anderen auf der Welt und hören doch bei jeder Kleinigkeit auf die Meinung der anderen und ihrer blökenden Herde. Schafe sind sie, dei davon träumen Löwen zu sein, doch weh ihnen, wenn ein wahrer Löwe sie erspäht, wenn die Wahrheit ihnen ins Gesicht schlägt! O nein glaubt nicht jenen, die nur sein wollen, nur wer am werden ist, tut recht. Wer am werden war, der hat sein Leben schon erfüllt, selbst wenn s nur kurz dauerte; wer jedoch mit dem Sein sich begnügt der hat sein Leben vertan, wie lange es auch gedaeurt haben mochte. Das ewige Werden ist des Menschen Ziel, das heißt des edlen, des wahren Menschen.

Freiheit will der Mensch erlangen und fürchtet doch nichts mehr als sie tatsächlich in Händen zu halten. Gleich sucht er sich einen neuen Herrn, der vermeintlich Freie. Müde seid ihr und traurig blickt ihr auf die Welt, darum könnt ihr nicht frei sein! Euch fehlt der Mut und die Leidensfähigkeit, denn glaubt es mir, meine Brüder, die Freiheit zu erlangen ist ein einziges Leiden! Nicht von der billigen Freiheit spreche  ich, jene, die euch die Gesellschaft und der Staat gewähren wollen, die Freiheit, die durch Normen gesichert sein soll. Normen können geändert werden und jeden Inhalt können sie haben - auf das Gesetz ist kein Verlass! Eine Lächerlichkeit ist diese gewährte Freiheit, die den Namen "Freiheit" nicht verdient zu tragen. Seid wann wird einem denn Freiheit gegeben?! Man kann dir nur geben, was man dir vorher genommen hat und nie bekommst du zurück, was man dir einst entriss. Nicht passiv für die Faulen ist die Freiheit, nur für den tätigen, mutigen Mann ist sie da, und nur er kann über sie herrschen, denn in den Händen des Schwachen und Kindlichen wird die Freiheit schal, verliert ihre Kraft und wird endlich zur Last. Erobern muss man die Freiheit, anders ist sie nicht zu haben. "Ich nehme mir was ich will!" danach sollt ihr streben. Überlasst die Sanftmut und die Demut den Toren und den Sklaven - dem Herrn sind sie unwürdig, die Elite spuckt nicht einmal auf sie, so verächtlich weiß sie ist deren Natur.

Die Tugend sollen wir hochhalten! Doch achtete mir gut auf die Qualität, denn leicht wird euch der Niedergang verkauft, um des vermeintlich Guten willens. Die Tugend des Überwindenden kann nicht die Tugend des Seienden sein! jene des Sklaven nicht jene des Herrn. Das, meine Freunde, vergesst mir niemals - brennt es mit glühendem Eisen in euren Geist ein, auf dass ihr es auch in den trübsten Stunden nicht vergesset. Die Schleimigen kriechen auf der Welt umher, die Unbebeinten, die Staub fressen und kaum höher als zu den Knöcheln des wahren Menschen zu blicken vermögen. In deiner Gutmütigkeit magst du Mitleid haben und den Wunsch nach einer gewährten Wohltag verspüren. Doch lasse dich dazu nicht herab, du würest dein nobles Wesen beschmutzen; Unrat klebt am Boden jedes Tümpels, so auch an jenem des menschlichen Amphibienzoos.

Zum Überwinden seist du geboren, zum Erdulden von Qualen für das Höhere, für den Dienst an deiner Bestimmung. Und leiden wirst du müssen, denn Lust ist in luftigen Höhen nicht zu finden - Hedonismus tobt  sich in den faulenden Sümpfen aus, in den Kloaken der großen Städte, wo die Brünftigen sich selbst als Träger der Kultur feiern. Doch du, halte dich fern alle Schändlichkeiten, aller Gemeinheiten, weit weg von den Plätzen, wo sich das Volk zu sammeln pflegt, fern der virtuellen Phantasieräume, wo das Lästerwerk regiert und Belanglosigkeiten und infantiles Geschwätz gehandelt wird, als ob es sich um tiefe  Wahrheiten handelte.

"Können wir denn solches höheren Menschen werden?" höre ich euch fragen. Seid versichtert, dass wenn es euch aus der Seele quillt euch dem Werden zu verschreiben, so ist auch das Potenzial in euch angelegt. Ich verstehe eure Bedenken, meint ihr doch plötzlich über materielle Möglichkeiten zu verfügen, auf die ihr geistig nicht vorbereitet seid oder im schlimmsten Fall für die ihr nicht die nötige Reife besitzt. Ich verrate euch was den werdenden Menschen ausmacht: Drei Leitlinien sind es, die ihn bestimmen: Vernunft, Liebe und Kreativität. Das Universum, das uns zur leiblichen Heimat dient, solange unsere Seele den fleischlichen  Leib bewohnt, wird durch eine allumfassende Vernunft bestimmt, an der wir alle Anteil haben - daraus folgt, dass wir unserer Vernunft vertrauen können. und je vernünftiger wir handeln und denken, desto mehr stehen wir im Einklang mit dem Allsein und desto größer ist unser Realitätssinn. doch seid versichert, dass ihr auch wahrhaftig die Vernunft gebraucht und nicht den bloßen Verstand oder gar die Intelligenz, denn  eine solche besitzt auch manche Kreatur, die Vernunft hingegen ist die Zierde des Menschen alleine - sie ist auch einer der Faktoren, der es euch ermöglicht das Menschsein zu überwinden - nicht homo sapiens sollt´ihr seind, sondern homo superior.

Zu lauen Geistern muss man mit Kanonendonner sprechen, doch zu euren feinen Gemütern mag auch das weiche, wenn auch geschärfte Wort durchdringen. so lasst mich auch von der Liebe sprechen, denn sie mildert  was reiner Verstand oft im Gaumen schwer erträglich machen würde. Verachte mir die einfachen Menschen nicht, seht sie als die Leidenden, die sie sind, seid gütig und milde mit ihnen, freilich ohne euch je gemein mit ihnen zu machen, leistet Hilfe, wo es vernünftig ist, verweigert, wo niedere Motive herrschen. Wie ihr solches erkennt? Wo immer sich Gefühle der Schuld oder der Scham einschleichen, dort ist das Lachen angebracht, denn solche Gefühle sind unanständig und sollen in eurer Seele kein Dasein finden. Es gnügt, wenn die Menschen der Welt sie empfinden - und das tun sie häufig - alleine darüf soll ihnen euer Mitgefühl nicht verwehrt werden. Liebt die Einfachen, wie Eltern Kinder lieben - aufrichtig, aber ohne sie mit den Möglichkeien auszustatten,d ie euch selbst zukommen. Und denkt mir auch daran, dass auch ihn ihnen zuweilen der Funke  entzündet werden kann ein Werdender zu werden - denn solches ist bei jedem Menschen möglich.

"Wir sind alle Brüder!" hör ich da einen sagen und pflichte ihm bei. Und doch sind wir von unterschiedlicher Gestalt, Fähigkeiten und Talenten. Auch segeln wir nicht über denselben Ozean und haen nicht denselben  Horizont. Wir würde ich doch da mein eigenes Wesen verneinen, würde ich mich dam anderen gleichsetzen. In Liebe sollte ihr stets alle vereint sein, doch wie es im Körper verschiedene Organe mit eben solchen Aufgaben gibt, so ist auch die Menschheit nicht bestehend aus Teilen, die beliebig austauschbar wären. Jedes hat seine Aufgabe und der Wechsel der Funktionen würde das Ganze mehr schädigen, als nützen, ja im schlimmsten Falle überhaupt zur Lebensunfähigkeit führen.

Schwer zu tragen sind diese Worte und die Feindschaft der einfältigen Welt werden sie euch einbringen - sind eure Motive doch gut und edel - alleine es wird nicht erkannt werden. Doch noch ein Drittes zeichnet den  Werdenden aus, die dritte Linie, die Dimension der Schöpferkraft. Der Werdende ist, wenngleich ein Denker, doch auch ein Handelnder, im Handlen liegt sein Glück. Schaffen sollt ihr, bezogen sollt ihr sein auf die Welt und  eure Mitmenschen, doch verliert euch nie darin. Wenn ihr auch liebt, so behaltet doch stets eure Integrität, eure Individualität. Denn mancher Tor hat sich in der Liebe verloren, weil er sich zwar verbinden aber sein Eigenes  nicht bewahren konnten. Das is die Illusion der Liebe - Vereinigung durch Aufgabe zu erreichen und letztlich sein eigenes Wesen nicht mehr zu kennen.

Doch seid mir niemals sentimental, seid mir niemals Romantiker! Würmer gleichen solche, affektiert sind sie und verwcheseln ihr stürmisches Aufwallen eines überquellenden Herzens mit Bezogenheit auf einen anderen. Das, meine  Brüder, ist die zweite Entartung der Liebe - und mit bedauerndem Herzen blicke ich auf die gefallene Welt und erkenne, dass diese Art heute für das Wahre gehalten wird. "Du hast uns die Leitlinien geannt, doch gibt es auch Prinzipien, die uns in diesen aus drei Dimensionen gebildeten Raum leiten können?" Gut hast du gefragt und gut will ich dir auch antworten. Seid gleichmütig, meine Freunde; des Lebens Wechselfälle mögen kommen wie sie wollen, euer Gemüt sehe alles als das an, was es ist - die pure Schauspielerei auf der Bühne der Welt - du bist zu edel, um von den Dingen überrascht zu werden. Das Schicksal gehe seinen Geschäften nach, du kümmerst dich nicht darum, es soll keine Macht über dich haben, das Schicksal, ja es ist noch nicht einmal eine Gefühlsregung wert. Du stehst über dem Schicksal, über der Welt - wie niedrig wärst du doch, wenn es dich bestimmen könnte! Denke gründlich auch an alle Unglücksfälle, die geschehen können. Mord, Totschlag, Raub, Armut, Krankheit, Einsamkeit - all diese Dinge wünsche ich dir - nicht weil ich dich hasse, sondern weil ich dich liebe - sie alle machen dich härter, erprobter und damit wirst du überlegen und unabhängig von der Welt.

Weiter: Genüge dir selbst. Lass nicht zu, dass Begierden dich reizen, lass nicht zu dass Angst und Furcht in dir Platz finden. Praktiziere Furchtlosigkeit. "Wie geht denn solches?" fragst du mich. indem du dich dem tod stellt, dem größten Tabu des Lebens. Verachte den Tod, dann ist es vorbei mit Trübsal, Angst und Traurigkeit. Wer die Angst vor dem Tod besiegt, besiegt die Welt und sich selbst. Damit hat er mehr erreicht, als die klügsten Menschen aller Zeiten in einem. Denn Philosoph zu sein heißt vor allem die Kunst des Sterbens zu beherrschen. Und Philosoph zu sein, das ist alles, was du zu sein brauchst, um zum werdenden Menschen zu werden.

Du musst ein Individuum sein, den Schmerz ertragen, den die Trennung von der Herde mit sich bringt und deine volle Geburt betreiben und erleben - das heißt es ein reifer, ein höherer Mensch zu sein! Die Dichotomie kannst du überwinden, wenn du spontan tätig wirst, in dem was das Leben gerade anzubieten hat. Das Leben gleicht einem Kartenspiel: die Karten werden dir zugeteilt, doch wie du damit spielst, liegt alleine an dir. Manche guten Spieler´vermögen mit einem schlechten Blatt zu reüssieren und manch schlechter Spieler gewinnt auch mit der besten Serie nichts. lass dich deshalb nicht entmutigen, wenn Gewitterwolken aufziehen, die Menschen dich schmähen und für absonderlich halten. Dein Maßstab ist nicht die Meinung der Welt, der Medien oder deines Umfeldes - objektiver Vernunft sollst du folgen, damit tust du das Richtige. Dem Gefälligen zu folgen ist dem Edlen unwürdig -  gerade in der Ablehnung durch die anderen liegt die Vermutung der Richtigkeit oft begraben - zumal der andere meist der Gemeine ist. So lasst mich denn noch zum dritten Punkt kommen, nach dem ihr mit fragtet. Apathie sei es, die dich auszeichne. Deine verwunderten Augen zeigen, wie sehr du erstaunt bist - doch spreche ich nicht im Scherze. Ja, apathischsollst du sein, wie es die Klassiker verstanden, unabhängig von den äußeren Umständen, doch ohne dabei teilnahmslos zu sein. Beobachte die Welt sehr genau, schäfte deine Sinne und verschließe dich keines Sinneseindrucks, doch lass die Welt dir kein Urteil aufdrücken, keine Emotionen vorgeben, die du nicht empfinen willst. Sei der objektivste der objektiven Beobachter und dringe bis zum Kern der Wirklichkeit vor. Sei radikal, im besten Sinne dieses Wortes, erkenne ohne Wenn und Aber, wie die Dinge wirklich, wie sie an sich sind.

"Solches kann der Mensch nicht erkennen", so meinst du und führst den guten Kant an. woher willst du das wissen? entgegne ich darauf. Dass menschliche Erkenntnis nur zu relativen Einsichten führen könne, ist modern und sehr verlockend, jedoch nicht wahr. Auch das ist Denken von bescheidenem, kleinen Geist, der aus Unsicherheit eher annehmen mag wenig oder nicht sehen zu können, als dass er sich mutig in voller Aufmarschbreite dem Leben  stellte. Glaubt an euch, lasst euch nciht kleinreden von den Massenmenschen, die von der Angst beherrscht werden, deren Hauptstreben aber gerade in der Bekämpfung der Angst liegt. Angst ist Teil ihrer Menschlichkeit, die sie verneinen. Wozu dient denn all das Coaching, die Optimismusgurus, das New-Age-Geschwafel und die Drogen der Pharmaindustrie? Die Schwächen sollen damit bekämpft werden, sie wollen einen Übermenschen schaffen, aber einen aus Kunststoff - einen Plastikübermenschen! Tappt mir nicht in diese Falle , bleibt fern dieser Illusion. Prozac sei euch fern, Ritalin sollte ihr allenfalls dem Namen nach kennen, der wahre Werdende wächst nur organisch aus sich selbst heraus - alles, was von außen kommt ist verderblich für ihn, verschmutzt die Entfaltung seines wahren Wesens, seines endgültigen Werdens. Ein Mensch, der durch Hilfsmittel zum zukünftigen, zum neuen Menschen werden möchte, degradiet sich erst recht zum Menschen, der weit unter dem heutigen homo normalis steht. Denn der heutige, unreife Mensch ist immerhin echt in seiner Unvollkommenheit, doch der künstliche Mensch ist weder echt noch  vollkommen - jede Kakerlake ist edler, als ein Drogenjunkie, der seine Leistungsfähigkeit steigern möchte.

"Denke positiv!" so krähen es die Geier von den Dächern. Das Schlimmste sollst du erwarten, denn schon der alte Seneca erkannte, dass all unser Unglück darin besteht, dass wir viel zu optimistisch sind. Tolerant gegenüber Fehlern sollst ihr sein, denn das ist ein Gesetz der Natur. Sieh dir den menschlichen Körper an: am Verwesen kann er schon sein, von Krankheit und Schwäche gezeichnet - und noch immer lebt er! Welche Maschine, welche Schöpfung des Menschen wäre derart robust? Als werdender Mensch musst du robust sein und wenngleich schon Pest und Cholera dein Angesicht zeichnen, die Menschen deine Gestalt fliehen, ob der quasi-modo-gleichen Physiognomie, so sei doch stolz und wirke in der Welt, als das was du bist und mehr noch als das, was du sein wirst. Und glaube mir, deine Wirkung wird gößer sein, als jene so maches Fürsten.

Sprich keine Worte im Überschwang und lass dich weder durch Trieb, noch durch moralische Vorstellungen leiten, die dem wahren Wesen nicht entsprechen. Lege ab alles Sollen, alles niedere Wollen und werde zu deinem eigenen Gesetz. Die Freiheit liegt in der Erkenntnis deiner selbst und im Leben dieses in dir von Anbeginn angelegten Prozesses. Lass nicht zu, dass die Welt dir einredet du seiest nichts, und die Welt machte dich erst zu dem, was du bist - als du selbst kamst du schon auf die Welt und dieses Du musst du dich entfalten, das heißt es eini Höherer zu werden.

Es ist eine Schande der Welt, dass obwohl das Edle, das Höhere in allen angelegt ist, alles getan wird dieses sich nicht entfalten zu lassen. Zwar zeiht die Kultur das unter ihr stehende nach oben, doch das ihr Überlegene erniedrigt sie, da sie höheres nicht erkennen, aber auf keinen Fall dulden kann. Das Tier und der Gott, beide werden vom Gemeinen gequält. Du aber kümmere dich nicht darum, werde ein gott, der deinem Schöpfer es gleich tun möchte, der diesem und  nicht der Menschenbrut folgt. Denn was soll aus einem Menschen werden, der in Abhängigkeit zu seinem Nebenmenschen steht? Kann je erwartet werden, dass er je sein Potenzial zu verwirklichen mag? Kann homo socialis überhaupt als homo superior bezeichnet werden?

Doch nicht das Kinde mit dem Bade will ich ausgießen, denn menschliche Gemeinschaft kann genossen werden, ohne dadurch seinen Geist einnehmen zu lassen. Wir können Amüsement und Detachiertheit miteinander tanzen lassen, wie ein Paar auf dem Parkett und doch die Trennung der beiden, diese heilsame Zweiheit, die wir nicht in eine Einheit überführen lassen dürfen, bewahren und dabei kultiviert bleiben. und dies ist durchaus auch im Sinn der Welt zu verstehen, meine Freunde. Halte es mit dem Glauben! Doch was heißt Glaube? Es ist der Realität des eigenen Erlebens und Denkens und Fühlens sicher zu sein und diesen zu folgen und ihnen zu vertrauen, auch wenn kein anderer zustimmen sollte. Konsens impliziert nicht Richtigkeitk, Mehrheitsmeinung hat nichts mit wahr oder richtig zu tun. Dieser Illusion verfalle nicht. Die Wahrheit wird von einzelnen, nicht von der Masse gefunden. diese orientiert sich am Niedersten, doch du strebe nach dem Höchsten. Sei im Geiste nicht gesellig, halte dich an dich selbst und lass die Welt ihren Geschäften nachgehen - es sind ja nicht deine, sie sind einem Wesen fremd.

Werde jeden Tag neu geboren, habe Mtu und Glaube - du musst alles, was Sicherheit gibt aufgeben, alles was Illusion bei dir ist. Als höherer Mensch dringst du zur Wirklichkeit des Menschen vor - dies sei dein Bestreben. du stehst in der Tradition von Sokrates, Platon, Seneca, Montaigne, Spinoza, Kant, Kierkegaard, Nietzsche, Freud und Fromm. Willst du wissen, wer deine geistigen Väter sind, wer auf dem Pfad, den du gehst, vorangeschritten ist, dann sind dies die eben genannten. Fühlst du denn Ohnmacht in dir? Sei dir sicher, dass es eine Täuschung ist, denn wie könntest du je ohne Macht sein? Aktivismus, Streben nach Kontrolle? Darüber lachst du schallend. Streben nach dem schnöden Mammon? Lass die Kaufleute ihre schäbigen Gewerbe treiben und Marktschreierei betreiben - dich berührt davon nichts. Torheit ist das Streben nach Erfolg, das Streben nach Glück ebenso - wie kann den darin der Sinn bestehen?

Nutze deine Überschuss an Lebenskraft weise, lass dich nicht dazu hinreißen dich in verderbliche Machenschaften hineinreißen zu lassen. Betäube dich nicht und tue es nicht den Massen gleich, die nur sich abzulenken wissen - nur in der Schöpferkraft alleine liegt die Tätigkeit, die deiner würidg ist. Strebe nach Leben! aber dem Leben, das sich über das Leben erhebt, strebe stets danach zu üerwinden, nicht zu genügen. Doch lass nicht die Gier in dir einkehren - denn was ist sie anderes als die Ausgeburt des Lebensfrustes und der Angst? Solches soll dir fremd sein. Du weißt wer du bist, darum brauchst du dich nciht anzufüllen mit dem Unrat und dem Schrott, den dir die Welt anzubieten hat. Die Menschen früherer Zeiten lebenten noch mit einem vollen Herzen in einer leeren Welt, doch heute ist es so weit gekommen, dass sie mit leeren Herzen in einer leeren Welt leben. Ist es da ein Wunder, dass sie alles haben und sich hineinstopfen wollen? Sie haben viel und sind doch nichts! Das ist die  Tragödie des homo normalis. Hüte dich davor, je zu diesen Erbärmlichen, zu diesen Ängstlichen und Entleerten dich zu gesellen.

Auch seiest du kein Rollenspieler, kein Partikularmensch, sondern eine Einheit zu jeder Zeit an jedem Ort. Dein Ja sei ein Ja, dein Nein ein Nein. Lass nicht zu, dass du in Rollen und Funktionen verfällst, dass du dich selbst als Mittel benutzt, doch  deiner selbst entfremdest und so wirst wie die anderen, die außer Haus andere sind, als in diesem, die bei der Arbeit andere sind als im Freundeskreis. Ein Ganzes, ein werdender Mensch ist immer derselbe, immer ganz er selbst mit denken, fühlen und handeln - und komme was da wolle, daran festhält.

Erlebe die Welt als das, was sie ist; sieh vor allem den Menschen ganz, als das einmalige Phänomen, das er ist - nicht so wie der neurotische Mensch, er zwischen Dingen und menschlichen Wesen nicht zu unterscheiden vermag. Für solche  gefallenen Kreaturen ist der andere wie ein Ding, das er benutzt. Sich selbst ist er jedoch ebenso nur dergestalt bekannt. Da lob ich mir doch noch das Böse, denn das Böse ist noch das Beste am heutigen Menschen - zeigt sich doch darin noch seine Menschlichkeit.

Werde du ganz, der du bist, erkenne das, was du in der Welt siehst auch als zu dir gehörig, sieh alle Höllen und Himmel - denn sie sind ebenso in dir. So wie alle Menschen Heilige sind, sind auch alle Verbrecher. Hast du dies erkannt und kannst es zulassen nicht vor dieser Erkenntnis in dir selbst zurückzuschrecken, bist du bereit dich zu transzendieren und zum wahren Menschen zu werden. Du wirst jener Mensch werden, der in dir angelegt ist - das heißt es ein Werdender zu sein!



L.Q. Cincinnatus.