Seefahrer
und Entdecker hat es viele gegeben, einige davon sind weltberühmt geworden,
andere hingegen sind bei der Allgemeinheit eher weniger bekannt. Manchmal kennt
man ein Eiland, einen Berg, eine Pflanzen- oder Tierart besser als die Person
von deren sich diese ableiten. So ist es auch bei Louis Antoine de
Bougainville. Eher als diesen seefahrenden Franzosen des 18. Jahrhunderts kennt
einer die fast 9000 Quadratkilometer große Insel der Salomonen oder die Pflanze
(Bougainvillea), die seinen Namen trägt. Nichtsdestotrotz wollen wir heute
einmal einen genaueren Blick auf diesen interessanten Mann werfen.
Louis Antoine de Bougainville wurde am 11.
November 1729 in Paris geboren. Er stammte nicht aus einer
Seefahrerfamilie (der Vater war Notar) und schlug zuerst eine ganz andere
Laufbahn ein. Spät, erst mit 34 Jahren (1763) wurde er Kapitän der
französischen Marine. Davor arbeitete der als Generaladjutant (bei General Montcalm),
als Rechtsanwalt und als Botschaftssekretär in London. Als 1756 der
Siebenjährige Krieg ausbracht, begleitete Bougainville Montcalm nach Kanada, wo
die Franzosen 1759 bei Québec eine entscheidende Niederlage gegen die Briten
erlitten. Zuvor zeichnete er sich jedoch bei den Kämpfen um die Forts „St.
Sacrement“ und „Carillon“ aus. In diesem Krieg geriet Bougainville in englische
Gefangenschaft und kehrte erst 1763, nach dem Friedensschluss, nach Frankreich
zurück.
Nun
begann seine Karriere zur See. Unter den Kommandanten Duclos, Chenar, Guyot und
Froger de la Rigaudière erlernte Bougainville das nautische Handwerk. Auf
eigene Rechnung stattet er 1764 eine Expedition aus, die auf den Falklandinseln
eine Kolonie mit aus Kanada vertriebenen französischen Siedlern gründete.
1766
übernahm Bougainville dann das Kommando über die Forschungsexpedition, die um
die ganze Welt führen und ihn berühmt machen sollte. Einige Naturforscher
begleiteten Bougainville auf dieser Reise, da auch die Tier- und Pflanzenwelt
in der Südsee genauer erforscht werden sollte. Im Dezember ging es endlich von
Brest aus mit dem Schiff „Boudeuse“ in Richtung Süden los. Im Juni 1767 traf
das zweite Expeditionsschiff, die „Etoile“ mit dieser in Rio de Janeiro
zusammen. Von hier aus startete die eigentliche Erforschung und Weltumseglung. Durch
die Magellanstraße, die in 52 Tagen durchquert wurde, ging es in den Pazifik, der
1768 erreicht wurde. Bougainville entdeckte die Inseln Tehai, die zur
Poumotou-Gruppe gehören und erreichte kurz nach dem Engländer Samuel Wallis,
der als (Wieder-)entdecker von Tahiti gilt (der Spanier Quiroz hatte aller
Wahrscheinlichkeit nach bereits 1606 die Insel entdeckt), Otaheite (das heutige
Tahiti). Die anfängliche Freundschaft zwischen den Franzosen und den
Eingeborenen schlug jedoch bald um, da sich die Einheimischen als notorische
Diebe herausstellten (was auch von anderen Seefahrern, unter anderem von Cook
berichtet wird).
Bougainville
segelte weiter über den Pazifik nach Westen und erforschte vor allem die Inseln
um die Salomonen (die er wieder entdeckte, nachdem sie fast zwei Jahrhunderte
lang in Vergessenheit geraten waren) und Neuguinea herum, erforschte den
Durchgang zwischen Neuguinea und dem Bismarckarchipel und taufte eine
Inselgruppe auf den Namen „Louisiaden“ zu Ehren König Ludwigs XV., in dessen
Auftrag die Weltumseglung unternommen wurde. Über Holländisch-Ostindien, durch
den Indischen Ozean, um das Kap der Guten Hoffnung herum erreicht die
Expedition am 16. März 1769 wieder St. Malo an der französischen Kanalküste.
Zuhause
in Frankreich verfasste Bougainville einen „romantischen“ und sehr
ausführlichen Bericht über seine Reise. Darin bezeichnete er die
Südseeinsulaner als die „glücklichsten Menschen der Welt“, die angeblich
„leidenschaftslos“ lebten. Sein Bericht hat viel zur Südseeromantik in Europa
beigetragen und beeinflusst bis heute das Bild vom „Paradies“, das viele
Menschen von dieser, zugegeben sehr schönen, Region der Erde haben. Die
Vorstellung vom „Edlen Wilden“, einer Verklärung, die heute noch in den Köpfen
mancher verwirrter Geister und unverbesserlicher Romantiker herumschwebt,
sorgte dafür, dass die Werke von Jean-Jacques Rousseau noch populärer wurden. Auch
Kapitän James Cook, der kurz nach Bougainville zu seiner ersten Reise in den
Pazifik aufbracht, betrachtete den Reisebericht des Franzosen als „nützlich“
und „unterhaltsam“.
In
den kommenden Jahren stand Bougainville weiter in den Diensten seines
Vaterlandes. Im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg kämpfte er mit wechselndem
Erfolg gegen die britische Flotte (Frankreich war mit den amerikanischen
Rebellen verbündet). Im Zuge der französischen Revolution wurden ihm später
einflussreiche Posten angeboten, die er jedoch ablehnte – seine königstreue
Haltung war allgemein bekannt. Durch Rückzug ins Privatleben überlebte er den
Revolutionsterror. 1794 wurde er Mitglied der Akademie der Wissenschaften.
Unter Napoleon machte er weiter Karriere, arbeitete an der Planung der
Ägypten-Expedition von 1799 mit, wurde zum Senator ernannt, dann Großoffizier
der Ehrenlegion und Comte d’Empire.
In
Frankreich genießt Bougainville bis heute weitaus größere Bekanntheit als
anderswo, was nicht nur daran liegt, dass er ein Landsmann ist, sondern weil er
der erste Franzose war, der die Welt umsegelte. Und nicht zuletzt natürlich
durch seinen gelungenen Bericht über seine Weltreise. Er starb am 31. August
1811 in seiner Geburtsstadt Paris und wurde im Pariser Pantheon beigesetzt, der
nationalen Gedenkstätte für die Helden Frankreichs.
Euer
Sokrates
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen