Großbritannien
und die USA leben heute in der Illusion, dass die Entwicklungen, wie man sie in
den letzten 25 Jahren in Deutschland beobachten konnte, hier nicht möglich
wären. Totalitarismus wäre in diesen von freiheitlichen Gedanken geprägten
Staaten nicht möglich. Dies ist jedoch ein Trugschluss, denn Hayek sah
deutlich, dass sie sich sehr wohl auf demselben Weg befanden wie Deutschland –
allerdings mit einer Zeitverzögerung, da Deutschland im Bereich der Planung zur
Vorreiternation schlechthin geworden war und GB und die USA hier noch „nachhinkten“.
Hayek zeigte auf, dass sich die Autorität immer öfters im Gewand der
„Organisation“ tarnte und so viele faszinierte und verführte. Das liberale
Gedankengut, das Großbritannien so lange Zeit geprägt hatte, war von vielen,
vor allem von den Intellektuellen, aufgegeben worden und galt als
„viktorianisch“ und veraltet. Englische Denker erwähnten nun oft Bismarck, doch
kaum einmal den großen liberalen Premierminister William E. Gladstone. Viele
Programme und Ideen Hitlers wurden auch in Großbritannien und den USA bewundert
und als nachahmenswert erklärt. Man war der Meinung, dass man sich Moral oder
gar ein persönliches Gewissen, als letzter Richter, nicht mehr erlauben könne,
dies sei utopisch und man müsse nun „realistisch“ sein. Generelle abstrakte
Prinzipien müssten verschwinden und der „planerischen Notwendigkeit“ weichen.
Totalitäre
System produzieren die Massenmeinungen, wie das Wirtschaftsystem Massenprodukte
herstellt. Es herrschte in den 30er- und 40er-Jahren in GB und USA immer mehr
die Ansicht vor, Planung sei ohnehin unvermeidlich, eine große zentrale
Gesellschaftsplanung sei notwenig. In diesem Punkt stimmten viele mit Hitler
und Stalin überein und es schien „common sense“ zu sein, dass dort die Zukunft
läge. Es ist nur eine logische Konsequenz, dass totalitäre Staaten auch den
Krieg für ein legitimes Mittel der Willensdurchsetzung erachten. Beim
Liberalismus hingegen ist dem nicht so, dieser hält den Krieg für sinnlos und
inhuman (Liberalismus ist eine humanistische Strömung).
Eine
typische Voraussetzung des Totalitarismus ist die Ansicht, dass die Geschichte
bestimmten Regeln folge und dass derjenige, der diese „Gesetze“ erkannt habe,
die Notwendigkeiten der Zukunft, meist sogar die Zukunft selbst, vorhersagen
könne. In diesem „Historizismus“ ist letztlich überhaupt kein Platz für die
Freiheit, es gibt nur noch zwingende Umstände, Notwendigkeiten, alles andere
wäre eine „Utopie“. Zwei Dinge haben in dieser Ansicht keinen Platz: 1.) die
menschliche Freiheit und 2.) das historisch handelnde Individuum. Deshalb
vertreten Planer den Historizsmus.
Ein
weiterer Irrtum des Totalitarismus ist jener, die Wissenschaft wäre in der Lage
ethische Urteile über das menschliche Verhalten zu treffen. Die Wissenschaft
selbst verkommt in solchen Systemen zum „Szientismus“, einer Art neuer
Religion, von der man sich absolute Antworten auf alle Fragen des Lebens
erwartet. Für viele Wissenschaftler ist Freiheit ein sehr schwer einzusehendes
Konzept, von dem sie letztendlich nicht glauben, dass es existieren könne.
Neben
dem intellektuellen Einfluss ist es das organisierte Kapital und die
organisierte Arbeit, die die Tendenz zum Totalitarismus bestimmen. Wer
Monopolen oder etwa auch Gewerkschaften erlaubt über Privilegien zu verfügen,
der darf sich nicht wundern, wenn es zum Totalitarismus kommt. Diese Monopole
ändern allmählich auch die öffentliche Meinung. Was jedoch am schlimmsten
wirkt, ist, wenn verschiedene Monopole zentral „koordiniert“ werden, wenn es
zur Abstimmung verschiedener Monopole aus unterschiedlichen Industrien aufeinander
kommt. Private Monopole sind dagegen selten vollständig oder umfassend und kaum
von langer Dauer. Öffentliche Monopole oder öffentlich unterstützte Monopole
hingegen sind in der Regel total und auf die Dauer angelegt. Diese Monopole
sind gegen Kritik und gegen den Wettbewerb geschützt. Auch gehen Monopole
dieser Art weit über den Kapitalbereich hinaus. So ist der Kampf um Privilegien
typisch für Gewerkschaften. Sie werden so zu den Triebkräften der
Ungerechtigkeit schlechthin, da sie sich gegen den Wettbewerb stellen und so
all jene, die eine faire Chance am Markt haben wollen behindern. Privilegien
für Gewerkschaften sind zutiefst unsozial.
Heute
(1944) ist es vollkommen klar, dass eine geplante Gesellschaft viel weniger
frei ist, als die Wettbewerbsgesellschaft. Nach dem Ersten Weltkrieg konnte man
noch manchen entschuldigen, der glaubte dass Planung mit Freiheit vereinbar
wäre. Heute ist dies jedoch eindeutig widerlegt und die Beispiele der
Unfreiheit in geplanten Gesellschaften sind derart mannigfaltig, dass man nicht
mehr über sie hinwegsehen kann. Wichtig ist einzusehen, dass Planung immer zu
Unfreiheit führt und dass es sich bei diesen Systemen nicht um typisch
deutsche, italienische oder russische Modelle handelt, sondern dass jede Art
von Planung zu Unfreiheit führen muss, selbst wenn sie in Großbritannien oder
den USA eingeführt werden.
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