Freitag, 6. November 2015

Pitcairn - Mehr als ein Nest für Meuterer


Bis ins 20. Jahrhundert hinein, gehörte sie zu jenen Inseln, die so gut wie nie Besuch von einem Schiff erhalten haben, ein abgelegener Ort, der sich als ideales Versteck für Freibeuter und andere Gestalten eignete, die das Licht der Öffentlichkeit scheuten. Mit der Eröffnung des Panama-Kanals hat sich die Abgelegenheit von den internationalen Schifffahrtsrouten zwar geändert, doch die Tatsache bleibt auch heute noch bestehen, dass die Insel über die ich heute berichten möchte, zu den entlegendsten Eilanden den Planeten Erde gehört: Pitcairn.

 

Pitcairn liegt etwa 6000 Kilometer westlich der chilenischen Küste und 5000 Kilometer östlich von Neuseeland. Sie bildet zusammen mit anderen Inseln das Pitcairn-Archipel, das bis heute ein britisches Überseeterritorien geblieben ist. Mit nur 4,5 Quadratkilometern Fläche ist sie ein Winzling, mitten im größten Ozean der Erde. Die Insel ist sehr gebirgig und fällt sehr steil ins Meer ab. Nachdem es nirgendwo ein Korallenriff gibt, schlagen die Wellen des Pazifiks direkt an das felsige Ufer (einen Sandstrand gibt es nirgendwo). Die Vegetation ist sehr fruchtbar, die Niederschlagsmenge mit 1700 mm pro Jahr sehr hoch. Die über das ganze Jahr relativ gleich bleibenden Temperaturen von etwas über 20 Grad, machen das Leben recht angenehm. Das Trinkwasser muss jedoch in Brunnen gesammelt werden, da es weder Flüsse noch Bäche gibt.

 

Auf der winzigen Insel (die Nebeninseln sind noch kleiner) haben sich aus verständlichen Gründen niemals viele Menschen angesiedelt. Auch heute noch erreicht die Einwohnerzahl keine fünf Dutzend und die wenigen stammen zum größten Teil von den Meuterern der „Bounty“ (siehe unten bzw. meinen Artikel dazu) ab. Zudem gibt es nur eine einzige Ansiedlung auf Pitcairn – Adamstown – in der sämtliche Einwohner konzentriert sind.

 

Weltberühmt wurde die Insel durch die Tatsache, dass die englischen Meuterer auf der „Bounty“ zusammen mit ihren polynesischen Frauen (in wilder Ehe lebend – im Konkubinat) dort Zuflucht vor der Verfolgung durch die britische Justiz suchten. Doch schon 20 Jahre vorher hatten die ersten Europäer die Insel entdeckt – ihre Existenz war jedoch kaum bekannt geworden – ein Umstand, den Christian Fletcher, der Anführer der Meutererbande, glaubte zu seinem Vorteil nutzen zu können (die Angaben in den Seekarten, auf Grundlage der Expedition von Carteret, waren sehr ungenau, so dass etwa Kapitän James Cook, sie nicht finden konnte).

 

Wie bereits in einem früheren Post angeführt (Biographie über Samuel Wallis), verloren sich die Schiffe von Samuel Wallis und Philipp Carteret auf ihrer Weltumseglungsexpedition nach der Durchseglung der Magellanstraße aus den Augen und mussten ihren Weg um die Welt und zurück nach England jeweils alleine finden. Während Wallis im Juni 1767 Tahiti entdeckte, gelang Carteret am 2. Juli 1767 die Entdeckung der viel weiter östlich gelegenen Insel Pitcairn. Die Insel erhielt ihren Namen vom Kadetten Robert Pitcairn, einem Seneman an Bord der „Swallow“ – Carterets Schiff – der das Eiland als erstes erblickt hatte.

 

Als Carteret und später die Meuterer der Bounty die Insel betraten, was diese völlig unbewohnt – es gab jedoch bereits Hinweise auf eine frühere Besiedlung durch Menschen – Polynesier, die im Zuge ihrer Expansion mit ziemlicher Sicherheit die Insel erreicht haben dürften, sie jedoch zu einem späteren Zeitpunkt, aus unbekannten Gründen, aufgegeben hatten. Auch später, nachdem sich die Meuterer auf der Insel niedergelassen hatten, geriet die Insel wieder in Vergessenheit und wurde erst 1808 vom amerikanischen Robbenjäger Mayhew Folger wieder entdeckt, der auf ihr Nachfahren der berühmten Meuterer ausfindig machte. In der Folge wurde die Insel immer wieder von Walfängern besucht. Im 19. Jahrhundert wurde sie ins Vereinigte Königreich eingegliedert. Die Bevölkerung hatte sich inzwischen stark vermehr und wurden mehrere Male komplett auf andere Inseln im Pazifik evakuiert. Allerdings kehrten Teile davon stets wieder nach Pitcairn zurück.

 

Heute stellt das Archipel die letzte Besitzung Großbritanniens im Pazifik dar. Aufgrund der Abgeschiedenheit der Inseln kam es immer wieder zu Gerüchten über Straftaten (z. B. sexueller Missbrauch), die unter den Einheimischen ungesühnt begangen worden sein sollen. Einige davon stellten sich als gerechtfertigt heraus und in der Folge wurden die Verantwortlichen entsprechend zur Rechenschaft gezogen.

 

Pitcairn mag wie ein Paradies für Aussteiger erscheinen, doch die schlechten Erfahrungen, die mit solchen und von solchen gemacht wurden, haben den einen oder andere endgültig von diesem „Fieber“ kuriert. Licht und Schatten liegen auf der Inseln, sowohl historisch als auch gegenwärtig, nahe beieinander, doch wo Menschen auf sehr engem Raum zusammen leben, und sei es auch in einer gesegneten Umgebung, sind solche Dinge nicht verwunderlich.

 

 

Euer Sokrates

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen