Montag, 12. Oktober 2015

William Dampier - Forscher und Pirat


bEs gibt Gestalten in der Geschichte, die dem Klischee, das man aufgrund ihrer Tätigkeit annehmen möchte, so ganz und gar nicht entsprechen. Wir sehen dann, wie sehr wir mit bestimmten Begriffen Assoziationen verbinden, die einem Idealbild, einer künstlich geschaffenen Wirklichkeit entsprechen, aber nur wenig mit der tatsächlichen Realität zu tun haben. Ein solcher Mann ist der Engländer William Dampier, der ein Großteil seines Lebens auf See verbrachte und der dabei sowohl als Freibeuter, als auch als Forscher tätig war.
 
Geboren wurde William Dampier am 8. Juni 1652 in dem kleinen Ort East Coker in der südenglischen Grafschaft Somersetshire. Er war der Sohn eines Pächters, der schon früh den Drang zu See zu gehen in sich verspürte. Vorerst konnte er diesem jedoch nicht nachgehen und musste die Schulbank drücken. Er erhielt eine für seine Zeit recht gute Schulausbildung, konnte gut lesen, schreiben und rechnen und besuchte sogar die Lateinschule. Beide Eltern sterben noch bevor William 17 ist.
 
Mit 18 verlässt er seine Heimat und heuer auf einem Schiff an. Zuerst geht es nach Frankreich, später nach Neufundland. Dort erkennt William, dass er nicht für die kalten Meere geschaffen ist und trifft den lebenslangen Entschluss nur noch in südlichen Gegenden zu segeln. Er nimmt am 3. Britisch-Holländischen Seekrieg teil und wird im Anschluss daran Aufseher auf einer Plantage auf Jamaika - ein langweiliger Bürokratenjob, für den er nicht geschaffen ist. Bald darauf sehen wir ihn deshalb als Holzarbeiter auf Yucatan (Mexiko) wieder. Dampier merkt, dass er nicht für das Landleben geschaffen ist und kehrt zur See zurück. Dabei beginnt er Tagebuch zu führen und seine Beobachtungsgabe zu schulen. Bald schon ist er ein Meister darin die Natur, Küsten, Meere und Menschen zu beschreiben. Seinen Tagebuchaufzeichnungen sind ihm heilig, so sehr, dass er sie sogar einige Male unter Lebensgefahr vor der Vernichtung rettete.
 
Schon während seiner Holzhandelszeit in Campeche (Mexiko) und Yucatan begleitet er mehrmals Freibeuter auf ihren Streifzügen. 1681 schließt er sich erneut Piraten an und durchquert mit diesen den Urwald von Darien. 1678 kehrt er nach London zurück. In England geht er auch die Ehe ein. Bald darauf jedoch bricht er zu seiner „Weltreise“ auf, die ihn berühmt machen sollte. Diese ist jedoch nicht eine einzige geplante Expedition, sondern setzt sich aus mehreren Etappen zusammen, die sich über viele Jahre hinziehen. 1679 jedenfalls verlässt Dampier England und schifft sich nach Jamaika ein – ursprünglich um dort Handel zu treiben. Das Abenteuerfieber packte ihn, wie so oft, auch dieses Mal und so schließt er sich erneut Bukaniern an. In der Folge verschlägt es Dampier 1682 nach Virginia, wo er kurzfristig sesshaft wird.
 
Als 1683 englische Piraten auf einem französischen Schiff in den Pazifik aufbrechen wollen, schließt sich Damipier ihnen begeistert an. Die Fahrt führt über die Kapverdischen Inseln, Westafrika, um Kap Hoorn herum zu den Juan Fernandez-Inseln und den Galapagosinseln. An den Küsten von Süd- und Mittelamerika kommt es zu einigen „Zwischenfällen“ mit den Spaniern, was man sich bei Piraten ja denken kann, die es im Wesentlichen auf die reichen spanischen Schatzschiffe abgesehen haben. Zudem waren Piratenüberfälle im Pazifik weitaus seltener als in der Karibik und im Atlantik im Allgemeinen, deshalb von den Spaniern weniger erwartet. Über Guam und die Philippinen geht es in den Golf von Siam, an die Nordküste Australiens (das damals Neu-Holland hieß), durch die Inselwelt Indonesiens und über das Kap der Guten Hoffnung zurück nach Europa. Auf den Nikobaren war Dampier nach einem Streit ausgesetzt worden und schaffte es durch ein navigatorisches Meisterstück Sumatra zu erreichen. 1691 kehrte er mit einem exotischen Eingeborenen, nach England zurück. Er wollte mit dem „Exoten“ in Europa viel Geld verdienen, doch starb dieser bald, so dass Dampiers Pläne erfolglos blieben.
 
aDie genaue Reisebeschreibung der Weltumseglung hat Dampier berühmt gemacht. 1697 erscheint sie in Buchform und erlangte binnen kurzer Zeit mehrere Auflagen. Im Alter von 47 Jahren erhält Dampier sein erstes eigenes Kommando. Mit der „Roebuck“ soll er Erkundungen in den Gewässern von Neu-Holland durchführen. Auf dieser Fahrt bewährte sich Dampier jedoch nicht als Kommandant. Es kommt zur Meuterei und zu einem Kriegsgerichtsverfahren, in dessen Zuge Dampier schuldig und als unfähig erklärt wird eine Mannschaft zu führen – ihm fehlt es entschieden an Autorität und Durchsetzungsvermögen. Trotzdem wird er schon bald darauf vom High Admiral der englischen König mit einer neuen Mission betraut. Mit zwei Schiffen führt er eine privat finanzierte Kaperfahrt an, die jedoch ebenso unglücklich und ohne Erfolge endet. Von 1708-1711 schließlich unternimmt Dampier mit Kapitän Woodes Rogers seine letzte Reise, die ihn wieder in den Pazifik führt. Diese verläuft zwar erfolgreich, doch Dampier hat wenig davon, denn die gemachte reiche Beute wird erst nach seinem Tod verteilt, so dass er sich nicht mehr daran erfreuen konnte. Er stirbt im März 1715, wahrscheinlich in London.
 
Was William Dampier auszeichnet ist seine herausragende Beobachtungsgabe und seine ungebrochene Neugier. Nicht Ruhm und Ehre, auch keine Schätze in Gold und Silber stehen auf seiner Prioritätenlisten an erster Stelle, sondern die die Erkundung und Erforschung von Neuem und der Anhäufung von Wissen. Damit ist er unter den rauen Seegesellen seiner Zeit, und vor allem unter Piraten, eine große Ausnahme. Er ist dabei erstaunlich objektiv und setzt sich selbst in seinen Berichten nicht in den Mittelpunkt – ja er schreibt im Grunde recht wenig über sich selbst und lässt den Lesern an seinen Beobachtungen der Welt en detail teilhaben. Die Reisebeschreibungen gaben Anlass zu mancher Expedition in der Zukunft; so etwa seine Beschreibung der Brotfrucht, die gegen Ende des 18. Jahrhunderts zu der verhängnisvollen Expedition der „Bounty“ unter Kapitän William Bligh beitragen sollte. Auch die Geschichte von „Robinson Crusoe“, geschrieben von Daniel Defoe, wurde durch den Reisebericht der ersten Weltumseglung Dampiers (eine Anekdote eines auf Juan-Fernandez zurückgelassenen Indianers) stark inspiriert. Charles Darwin wurde von Dampiers Beschreibung der Galapagosinseln auf seiner Weltumseglung zu seinen Forschungen angeregt. Zwei Meeresstraßen bei Neuguinea sind nach Dampier benannt, ebenso ein Berg auf Neuseeland, eine Stadt in Australien und ein Archipel. William Dampiers Leistungen für die Menschheit liegen vor allem im geographischen und biologischen Bereich. Von seinen Träumen reich zu werden ist nicht viel geblieben – er starb mit hohen Schulden. Doch von den wahren Schätzen, die er uns brachte, profitieren wir heute noch.
 
 
Euer Sokrates

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen