Was wäre diese Welt doch für ein langweiliger, öder Ort,
wenn es nicht etwas gäbe über das man sich aufregen, über das man sich ärgern
kann! So denken viele Zeitgenossen – freilich ohne dies jemals zuzugeben. Doch
wie schon Calderón in „Das Leben ist ein Traum“ sagt: „Im Klagen hat ein
Philosoph entdeckt, liegt tiefe Lust versteckt. Wir sollen nie ein Leid
bereu`n, da wir uns der Klage doch erfreu`n.“, so sieht man ganz deutlich, dass
die äußere Erscheinung selbst nicht für das Ganze, für das Wahre genommen
werden darf. Allerdings bedarf es bei weitem keines Philosophen, um zu dieser
Erkenntnis zu kommen. Doch was ist das für eine Lust, die sich aus dem Ärgernis
speist?!
Nun, Gesellschaften sind unterschiedlich und so ist die Möglichkeit
sich über Ärger Luft zu verschaffen auch recht unterschiedlich ausgeprägt.
Optimistischere Gesellschaften und solche, die mehr auf die Zukunft
ausgerichtet sind, tendieren eher dazu weniger tolerant gegenüber den Jammerern
zu sein. Andere Gesellschaften hingegen, die eher zum Pessimismus neigen und
oft dem Alten hinterher trauern, gestatten das Jammern und den Ärger in einem
viel größeren Ausmaß. Ja, es gibt sogar Gesellschaften, in denen das Jammern
ein regelrechter Volkssport darstellt. Über andere zu lästern aber auch über
das eigenen böse Schicksal sich im Langen und Breiten auszulassen ist dort eine
beliebte Stammtischpraxis, etwas, womit man sogar das Wohlwollen der anderen
erwerben kann. Ja man wird dort sogar schief angesehen, wenn man nicht
einstimmt in das Jammerkonzert, wenn man dem Leben noch Gutes abgewinnen kann
und nicht wie die anderen um den ersten Preis kämpft, der demjenigen nur
verliehen wird, der von einem unübertreffbaren Ärgernis berichten kann.
So soll sich ärgern wer will, besonders dann, wenn ihn sein
eigenes Wesen dazu zwingt, doch soll man dabei nicht gleichzeitig darauf bauen
von anderen Anerkennung dafür zu erlangen. Viel zu sehr ist einem klar, wie
sehr doch ganz andere Dinge die wahre Ursache für das Echauffement bilden, als
die aktuell gegebene Situation. Vielmehr ist eine solche nur ein Auslöser, ja
meist sogar eine willkommene Gelegenheit den eigenen inneren Druck abzuführen
und dabei nicht als ein Wüterich zu gelten. Wer viel innere Spannung fühlt und
doch als ein zivilisierter Mensch durchgehen möchte, ist hocherfreut, wenn sich
ihm die Gelegenheit bietet einmal richtig „Dampf“ abzulassen und das ohne dabei
den Respekt der anderen zu verlieren. Allerdings sei man dabei sehr vorsichtig,
denn nur allzu oft funktioniert dies nicht und die Wahrheit wird erkannt.
Ihr, meine lieben Leser, schließ Euch nicht den Mutlosen,
den Jammerern und den chronisch Unzufriedenen an. Seht Euch das Schicksal
dieser Menschen an und dann entscheidet, ob ihr wirklich ein solches teilen
wollt. Unglück ist ihr Los, doch eines, das sie sich selbst bereiten. Es sind
bedauernswerte Gestalten, die unter diesen seelischen Lastern leiden und sie
sogar noch wie eine Trophäe vor sich hertragen. Glaubt an das Gute, glaubt
daran, dass ein Ärgernis es nicht wert ist sich intensiv damit zu beschäftigen
und seinen Geist von ihm durchdringen zu lassen, sondern dass die Welt nur
durch Tatkraft und eine positive Einstellung verändert werden kann. Vom Jammer,
vom Ärgern ist noch niemals etwas gut geworden!
Karl Ritter