Montag, 28. Dezember 2015

Warum die Zeit schnell vergeht – oder auch nicht


Das Jahr 2015 liegt in den letzten Zügen und das neue Jahr steht vor der Tür: das ist die perfekte Zeit um über das abgelaufene Jahr zu reflektieren, Bilanz zu ziehen und sich anzusehen wie es für einen persönlich gelaufen ist. Welche Dinge wurden erreicht, welche Erfolge gefeiert? Welche Dinge gingen weniger gut und was hat überhaupt nicht geklappt? Es ist nicht leicht ehrlich in solchen Dingen zu sich selbst zu sein, erfordert dieser Blick auf die Fakten doch einiges an Mut.

 

Eine andere Sache ist es, die uns am Ende eines Jahres ebenso oft beschäftigt, nämlich jene nach der abgelaufenen Zeit, bzw. der Geschwindigkeit mit der dieser Ablauf vonstatten ging. Und die meisten Leuten können heutzutage nicht umhin zu bemerken, dass die Dinge viel zu schnell vergehen, wir leben ja schließlich in einer schnelllebigen Zeit, und da fragt man sich schnell einmal, wo denn die ganze Zeit geblieben ist; das Jahr hatte doch gerade erst begonnen und dass wir nun schon eineinhalb Dekaden seit dem Millenniumswechsel hinter uns gebracht haben, erscheint den meisten auch viel zu schnell gegangen zu sein.

 

Doch wie ist das möglich? Objektiv gesehen vergeht die Zeit immer gleich schnell (Einsteins Relativität der Zeit kann hier einmal dahingestellt bleiben, da sie für unser praktisches Leben im Alltag kaum von Bedeutung ist), das war früher nicht anders als heute. Zudem ist unsere Aktivität gegenüber früheren Generation sehr stark ausgeweitet: wir erleben mehr und tun weitaus mehr als unsere Altvorderen, als irgendeine Generation vor uns, und trotzdem haben wir das Gefühl, dass die Zeit so schnell dahingegangen sei. Dabei müssten wir einen Berg an Erinnerung in unserem Gedächtnis vorfinden, der uns eines besseren belehrt. Tatsächlich handelt es sich hier nicht um ein intellektuelles, sondern ein emotionales Problem. Wir wissen natürlich was wir alles getan haben, dass wir sehr aktiv gewesen sind, doch all diese Aktivitäten haben die Zeit im eigentlichen Sinne, im psychologischen Sinne, nicht ausgefüllt. Das heißt vor allem, dass die Zeit nicht mit Sinn erfüllt war, sondern lediglich mit einer Menge an Aktivität.  

 

Die Wahrheit ist: Es ist völlig egal wie aktiv wir sind, wie viel wir tun und erreichen, wenn unser Bewusstsein nicht konzentriert ist und von einer Sache zur anderen springt, wenn es bereits bei einer anderen Sache ist, während wir noch dabei sind eine zu erledigen, dann wird diese Zeit von uns nicht als „eigentliche“ Lebenszeit wahrgenommen und so auch nicht in unserer Rückschau auf unsere Leben gewertet. Das ist der wirkliche Grund dafür, dass Menschen ihr Leben bedauern, dass sie das Gefühl haben viel von ihrer Lebenszeit „nicht gelebt“ zu haben.

 

Die einzige Möglichkeit, dass uns die Zeit nicht davonläuft, bzw. zwischen den Fingern verrinnt, wie eine Handvoll feinen Sandes, besteht darin sein Leben in jedem Augenblick bewusst wahrzunehmen. Dadurch erhält es Wert, macht „Sinn“ und in unserer Erinnerung bleibt nicht nur ein leerer intellektueller Gedanken, der nur eine schwache Wirkung hat, sondern ein richtiges Erlebnis, das in seinen schillernden Farben in unserem Gedächtnis haften bleibt.

 

Mit diesen Gedanken, den letzten auf diesem Blog im alten Jahr, wünsche ich allen meinen Lesern einen guten Rutsch und ein gutes neues Jahre 2016!


 

 

Euer Sokrates

 

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