(Paul Gauguin
1891)
Wenn
man sich mit der Südsee beschäftigt, so kommt man nicht umhin jenen Franzosen
zu erwähnen, der für seine farbenfrohen Bilder, eine polynesische Idylle
darstellend, Weltruhm erlangte. Damit hat er seinen Beitrag zum Mythos Südsee
geleistet, der bereits im 18. Jahrhundert mit den entsprechenden euphorischen
Berichten (etwa eines Bougainville) begonnen hatten. Ähnlich wie bei Vincent
van Gogh kämpfte er zeitlebens mit Geldproblemen – heute hingegen wäre er
Multimillionär und seine Werke gehören zu den begehrtesten am Kunstmarkt
überhaupt, die immer wieder neue Höchstpreise erzielen. Die Rede ist von Paul
Gaugin.
Geboren
wurde Eugène Henri Paul Gauguin am 7. Juni im Revolutionsjahr 1848 in Paris. Schon
die Kindheit war turbulent. Der Vater, ein liberaler Journalist, kam bald mit
dem Establishment in Konflikt und musste Frankreich verlassen. Bereits mit
einem Jahr floh Paul Gauguin mit seiner Familie zur mütterlichen
Verwandtschaft, die in Peru lebte und dort einflussreich war. Erneut auf der
Flucht vor einem, 1853 in Peru ausgebrochenen, Bürgerkrieg floh die Familie,
dieses Mal zurück in die Heimat des Vaters, nach Frankreich. Paul pendelt in
der Kindheit oft zwischen Paris, wo seine Mutter als Schneiderin arbeitet und
Orléans, wo er eine Internatsschule besucht. Dieses unstete Dasein sollte für
sein ganzes Leben prägend werden, fast immer wollte er wo anders sein, als er
gerade war. Mit 17 besuchte er die Marineschule und wurde Seemann, zuerst bei
der Handels-, dann bei der Kriegsmarine. Mit 23 Jahren beendete er seine
Seefahrerkarriere und versuchte sesshaft zu werden.
(Frauen am Strand)
Paul
wird Börsenmakler und kann sich bald ein gutbürgerliches Leben mit all seinen
Annehmlichkeiten leisten, heiratet 1873 und hat mit seiner dänischen Frau
Mette-Sophie insgesamt fünf Kinder. In dieser Zeit entdeckt er seine
Leidenschaft für die Malerei, beginnt selbst zu malen und stellt auch bereits,
in bescheidenem Rahmen, seine Werke aus – er macht die Bekanntschaft einiger
der großen Impressionisten (u.a. Degas und Manet), die Kunststars der damaligen
Zeit. Seine Liebe zur Malerei wird immer stärker, noch jedoch hält er an seinem
bürgerlichen Beruf fest. Als 1882 die Pariser Börse zusammenbrach, verlor
Gauguin seine Anstellung und beschloss sich voll und ganz der Malerei
hinzugeben. Es war dies ein gewaltiger finanzieller Einbruch, dazu gab es
heftigen Widerstand seiner Ehefrau gegen diese Pläne. Allerdings setzte sich Gauguin
gegen alle Einwände durch. Es folgte ein Umzug der Familie in die Normandie.
Mette Sophie zog jedoch bald, ihren Ehemann verlassend, mit den Kindern zu
ihrer Familie nach Dänemark. Das Wanderleben zog Gauguin bald in die Bretagne,
in die Karibik und für kurze Zeit nach Arles, wo er eine kurze Freundschaft mit
van Gogh pflegte, die jedoch tragisch endete (van Gogh soll sich nach einem
Streit mit Gauguin sein Ohr abgeschnitten haben).
Obwohl
ein Kind der Großstadt, hatte alles Ländliche und vor allem die natürliche
Idylle immer schon eine große Anziehungskraft auf Gauguin ausgeübt. Nachdem er
bereits einige Zeit mit dem Gedanken gespielt hatte, beschloss er Ende der 1880er
Jahre nach Französisch Polynesien zu gehen, wo er hoffte sein „Paradies“, fern
der Zivilisation, zu finden. Er mietete sich auf Tahiti eine Hütte, pflegte ein
Verhältnis mit einem jungen einheimischen Mädchen und malte bald viele Bilder
mit Südseeszenen. Dabei orientierte er sich jedoch kaum an der Realität,
sondern an seinen eigenen Wunschvorstellungen von der Südsee. Die Realität sah hingegen
weitaus trister aus. Die Zivilisation, vor allem die Religion und die
Bürokratie, hatten viel von der ursprünglichen Lebensfreude und –bejahung der
Polynesier zerstört. Soziale Probleme wie in Europa waren an der Tagesordnung,
viele Einheimische schienen ihre „Seele“ verloren zu haben, wie man es bei den
Indianern Nordamerikas ausgedrückt hätte.
(Nafea faa ipoipo)
1893
war Gauguin wieder zurück in Paris, Geldsorgen und eine schlechter werdende
Gesundheit plagten ihn ständig. Bei den Kunstkritikern fanden seine Werke
gefallen, nicht jedoch beim breiten Publikum. Durch eine Erbschaft 1894 konnte
er sich ein Atelier leisten und zog wieder mit einer jungen Exotin zusammen
(der unschuldige, fremde, weibliche Archetyp – die „Eva“ nach Carl G. Jung -
hatte ihn zeitlebens stark beherrscht). Noch im selben Jahr, nach weiteren
Fehlschlägen, beschloss er endgültig die zivilisierte Welt hinter sich zu
lassen und in die Südsee zu ziehen.
Wieder
auf Tahiti, zog er erneut mit einem jungen Mädchen zusammen, dass ihm zwei
Kinder geboren haben soll. Ständig in Geldnöten und bei schlechter Gesundheit (und
einem Selbstmordversuch) hielt er es allmählich auch nicht mehr auf Tahiti aus
und siedelte auf die abgelegenen Marquesas-Inseln über, die sich noch mehr von
der Ursprünglichkeit des alten Polynesiens bewahrt hatten. Auch dort lebte er
wieder mit einer 14-jährigen Inselschönheit zusammen, die ihm eine Tochter
gebar. Bald legte er sich mit der Obrigkeit und der Kirche an, die die Kultur
der Einheimischen bedrohten. Nachdem sein kranker letztlich Körper nicht mehr
konnte, hauchte Paul Gauguin am 8. Mai 1903 in Hiva Oa (Marquesas-Inseln)
seinen Geist aus.
(Te Arii Vahine)
Gauguin
gilt als einer der Väter der „Moderne“, der zur Inspiration für viele große
Maler im 20. Jahrhundert wurde (u.a. Henri Matisse). Er steht am Übergang von
den Impressionisten zu den Expressionisten. Seine Themen waren die Natur- und
Ursprünglichkeit, in der die Suche nach dem „verlorenen Paradies“ zum Ausdruck
kommt. Neben unzähligen Bildern fertigte Gauguin auch Keramiken und
Holzschnitzereien an. Viele seiner Werke sind heute einem breiten Publikum,
weit über die Kunstkreise hinaus, bekannt.
Euer
Sokrates
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