Das
Jahr 2015 liegt in den letzten Zügen und das neue Jahr steht vor der Tür: das
ist die perfekte Zeit um über das abgelaufene Jahr zu reflektieren, Bilanz zu
ziehen und sich anzusehen wie es für einen persönlich gelaufen ist. Welche
Dinge wurden erreicht, welche Erfolge gefeiert? Welche Dinge gingen weniger gut
und was hat überhaupt nicht geklappt? Es ist nicht leicht ehrlich in solchen
Dingen zu sich selbst zu sein, erfordert dieser Blick auf die Fakten doch
einiges an Mut.
Eine
andere Sache ist es, die uns am Ende eines Jahres ebenso oft beschäftigt,
nämlich jene nach der abgelaufenen Zeit, bzw. der Geschwindigkeit mit der
dieser Ablauf vonstatten ging. Und die meisten Leuten können heutzutage nicht
umhin zu bemerken, dass die Dinge viel zu schnell vergehen, wir leben ja
schließlich in einer schnelllebigen Zeit, und da fragt man sich schnell einmal,
wo denn die ganze Zeit geblieben ist; das Jahr hatte doch gerade erst begonnen
und dass wir nun schon eineinhalb Dekaden seit dem Millenniumswechsel hinter
uns gebracht haben, erscheint den meisten auch viel zu schnell gegangen zu
sein.
Doch
wie ist das möglich? Objektiv gesehen vergeht die Zeit immer gleich schnell
(Einsteins Relativität der Zeit kann hier einmal dahingestellt bleiben, da sie
für unser praktisches Leben im Alltag kaum von Bedeutung ist), das war früher
nicht anders als heute. Zudem ist unsere Aktivität gegenüber früheren
Generation sehr stark ausgeweitet: wir erleben mehr und tun weitaus mehr als
unsere Altvorderen, als irgendeine Generation vor uns, und trotzdem haben wir
das Gefühl, dass die Zeit so schnell dahingegangen sei. Dabei müssten wir einen
Berg an Erinnerung in unserem Gedächtnis vorfinden, der uns eines besseren
belehrt. Tatsächlich handelt es sich hier nicht um ein intellektuelles, sondern
ein emotionales Problem. Wir wissen natürlich was wir alles getan haben, dass
wir sehr aktiv gewesen sind, doch all diese Aktivitäten haben die Zeit im
eigentlichen Sinne, im psychologischen Sinne, nicht ausgefüllt. Das heißt vor
allem, dass die Zeit nicht mit Sinn erfüllt war, sondern lediglich mit einer
Menge an Aktivität.
Die
Wahrheit ist: Es ist völlig egal wie aktiv wir sind, wie viel wir tun und
erreichen, wenn unser Bewusstsein nicht konzentriert ist und von einer Sache zur
anderen springt, wenn es bereits bei einer anderen Sache ist, während wir noch dabei
sind eine zu erledigen, dann wird diese Zeit von uns nicht als „eigentliche“
Lebenszeit wahrgenommen und so auch nicht in unserer Rückschau auf unsere Leben
gewertet. Das ist der wirkliche Grund dafür, dass Menschen ihr Leben
bedauern, dass sie das Gefühl haben viel von ihrer Lebenszeit „nicht gelebt“ zu
haben.
Die
einzige Möglichkeit, dass uns die Zeit nicht davonläuft, bzw. zwischen den
Fingern verrinnt, wie eine Handvoll feinen Sandes, besteht darin sein Leben in
jedem Augenblick bewusst wahrzunehmen. Dadurch erhält es Wert, macht „Sinn“ und
in unserer Erinnerung bleibt nicht nur ein leerer intellektueller Gedanken, der
nur eine schwache Wirkung hat, sondern ein richtiges Erlebnis, das in seinen
schillernden Farben in unserem Gedächtnis haften bleibt.
Mit
diesen Gedanken, den letzten auf diesem Blog im alten Jahr, wünsche ich allen
meinen Lesern einen guten Rutsch und ein gutes neues Jahre 2016!
Euer
Sokrates